Zum Auftakt der UN-Klimakonferenz in Madrid gab es am Eingang des Tagungspalastes für alle Teilnehmer ein symbolisches Geschenk: eine gläserne Wasserflasche. Verbunden mit der freundlichen Aufforderung, diese doch bitte mit Leitungswasser aufzufüllen und so den Gipfeldurst zu löschen. Ein Appell, der in Spanien, wo es kein Flaschenpfandsystem gibt und jedes Jahr Millionen Plastikwasserflaschen im Müll oder in der Natur landen, mehr als nur stimmig ist.
Europa an die grüne Spitze
Umweltschützer und EU-Kommission waren sich zumindest in einem Punkt einig: Europa muss den Kampf gegen die Erderwärmung anführen. Drinnen, im großen Konferenzsaal auf dem Madrider Messegelände, folgten zur Eröffnung des Gipfels COP25 weitere eindringliche Aufrufe: "Der einzige Weg, um den globalen Temperaturanstieg zu begrenzen, ist die Reduzierung der fossilen Brennstoffe", mahnte UN-Generalsekretär António Guterres. "Wenn wir dies nicht tun, werden wir in einer katastrophalen Situation enden." Diesen Kampf müssten die Staats- und Regierungschefs auch deshalb führen, um der jungen Generation eine Zukunft zu sichern. Die Jungen forderten zu Recht spürbare Fortschritte im Kampf gegen den drohenden Klimakollaps.
Die weltweit bekannteste Protagonistin der jungen Generation, die schwedische Aktivistin Greta Thunberg, war zum Gipfelbeginn noch nicht in Madrid. Die 16-Jährige befand sich an Bord des Katamaran "La Vagabonde" auf hoher See. Das Segelschiff sollte nach einer dreiwöchigen Atlantiküberquerung heute im Hafen der portugiesischen Hauptstadt Lissabon anlegen. Von dort wollte Greta mit einem möglichst umweltschonenden Verkehrsmittel nach Madrid weiterreisen, wo sie die nächsten Tage erwartet wird.
Auf der Klimakonferenz wird Greta Politikern wieder heftig ins Gewissen reden. "Wir können eine Krise nicht lösen, ohne sie als solche zu behandeln. Lasst uns hoffen, dass sie drastische, hinreichende Maßnahmen ergreifen", twitterte sie an ihre Anhänger, nachdem das Europaparlament den "Klimanotstand" ausgerufen hatte. Am Freitag will die Schwedin die Demo der Fridays-for-Future-Bewegung in Madrid anführen.
Der zehntägige Gipfel steht unter dem Motto "Zeit zum Handeln". Auf der Konferenz beraten Delegationen aus 200 Ländern über weitere Schritte, um die Erderhitzung zu bremsen. COP25 ist das 25. UN-Folgetreffen, um die Fortschritte seit dem Gipfel in Rio de Janeiro zu überprüfen, auf dem 1992 die Klimarahmenkonvention unterzeichnet wurde. Mehr als 25.000 Menschen sind mit dabei: Politiker, Forscher, Umweltschützer, Wirtschaftsbosse – und 50 Regierungschefs.
Ausgerechnet Staatschefs, deren Länder zu den größten Klimaschädlingen gehören, fehlen: US-Präsident Donald Trump oder Brasiliens Staatschef Jair Bolsonaro. Beide halten wenig vom Klima- und Umweltschutz und bekamen harte Kritik zu hören. "Heute verweigert sich nur noch eine Handvoll von Fanatikern den bewiesenen Tatsachen", fand Spaniens Premier Pedro Sánchez klare Worte.
Bis 2050 klimaneutraler Kontinent
Die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versprach, dass die EU Vorreiter sein wolle: "Unser Ziel ist es, dass Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent sein wird." Laut Greenpeace und WWF reiche auch der "European Green Deal" nicht aus. Bereits bis zum Jahr 2040 müsse der Ausstoß von Treibhausgasen völlig gestoppt und auf diese Weise Klimaneutralität erreicht werden.
Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen nahm bei seiner Rede am Eröffnungstag einen Eisbären in die Hand: Ein Geschenk für einen Sechsjährigen, der kürzlich in der Wiener Hofburg auf Besuch war. In einer "Climate-Fiction" erläuterte Van der Bellen, wie die Welt in 30 Jahren aussehen könnte. Es gehe dabei um Handlungsbereitschaft. "Es ist nicht Schicksal", betonte der Bundespräsident, "es ist schlicht und einfach unsere Entscheidung."