Die durch die Klimaerwärmung zunehmend tauenden Permafrostböden in nördlichen Breiten dürften mittlerweile im Winter mehr CO2 freisetzen als ihre Vegetation im Sommer aufnehmen kann. Das ist ein Ergebnis einer groß angelegten Überblicksstudie im Fachblatt "Nature Climate Change". Geht die Entwicklung ungebremst weiter, wären die CO2-Emissionen im Winter im Jahr 2100 nochmals um 41 Prozent höher.

Kohlenstoff gespeichert

In den arktischen Regionen sind ungeheure Mengen an Kohlenstoff gespeichert. Die Erwärmung lässt allerdings große Flächen auftauen, was auch zum Verlust von gespeichertem Kohlenstoff in Form von Kohlendioxid (CO2) in Richtung der Atmosphäre führt. Emittiert der Mensch noch mehr Treibhausgas, facht das die Erwärmung weiter an, was wiederum den CO2-Ausstoß im Norden automatisch mit erhöht.

75 Wissenschafter arbeiteten unter der Leitung der Direktorin des Arktis-Programms am Woods Hole Research Center (USA), Sue Natali, an der nunmehrigen Studie, an der mit Philipp Semenchuk vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien auch ein Forscher aus Österreich beteiligt war. Insgesamt wurden über tausend Monatsbilanzen an verzeichneten CO2-Emissionen von mehr als 100 über den nördlichen Permafrostbereich verteilten Orten zusammengetragen, heißt es in einer Aussendung des Deutschen GeoForschungsZentrums in Potsdam.

1,7 Millionen Tonnen vs 1 Million Tonnen

Die Schätzungen der momentanen Winterverluste belaufen sich demnach auf 1,7 Millionen Tonnen Kohlenstoff aus dem Permafrost in der von Oktober bis April gehenden Wintersaison. Dem gegenüber steht eine geschätzte durchschnittliche Kohlenstoffaufnahme dieser gesamten Region in der Vegetationszeit von rund einer Million Tonnen. Die Prognose verheißt auch keine Umkehr: Selbst beim angenommenen Szenario mit leicht verminderten Emissionen würde der CO2-Verlust im Jahr 2100 immer noch um rund 17 Prozent über dem heutigen Wert liegen. Im Falle eines "Business-as-usual-Emissionsszenarios" ginge der Wert um geschätzte 41 Prozent hinauf.

Schlussfolgerung

"Diese Ergebnisse, die eine neue Grundlage für die CO2-Emissionen im arktischen Winter bilden, deuten darauf hin, dass der CO2-Verlust über den Winter bereits die Kohlenstoffaufnahme der Vegetationsperiode ausgleicht und diese Verluste mit zunehmender Erwärmung des Klimas zunehmen werden", so Natali. Die Ergebnisse unterstreichen daher "die Notwendigkeit, die Emissionen fossiler Brennstoffe erheblich zu reduzieren, um zu verhindern, dass Kohlenstoff aus auftauenden Permafrostregionen in die Atmosphäre gelangt".