Egal ob Wien, Berlin oder New York: Jahr für Jahr setzen die zahlreichen Besucher der weltweit stattfindenden Gay-Pride-Paraden ein Zeichen. Mit Regenbogenfahnen, schrillen Kostümen und öffentlichen Kundgebungen wollen sie die Wahrnehmung von LGBT-Menschen stärken. Erstmals hat so ein Event dieser Art am Sonntag auch in Bosnien-Herzegowina in Sarajevo stattgefunden.
Die erste bosnische Gay Parade ist am Sonntag in Sarajevo in fröhlicher Stimmung und laut Medienberichten ohne jegliche Zwischenfälle verlaufen. Auch wenn zur Parade nur etwa 500 Menschen angemeldet worden waren, lag am Ende ihre Zahl wesentlich höher, laut verschiedenen Quellen bei gut 3.000. Etwa eine Stunde vor dem Beginn der Parade hatten im Stadtzentrum Sarajevos auch einige Dutzend Gegner demonstriert. Auch ihr Protest verlief ohne Zwischenfälle.
"Man muss ausgehen"
Die Gay Parade fand unter dem Motto "Man muss ausgehen ('Ima izac)" statt. In dem für gewöhnlich tief geteilten Vielvölkerstaat stand das Motto an der Spitze des Marsches auf einem rosaroten Spruchband sowohl in lateinischer wie auch kyrillischer Schrift. Die lateinische Schrift wird von Bosniaken (Muslimen) und Kroaten verwendet, die kyrillische von Serben. Unter den Plakaten, auf denen gleiche Rechte für Homosexuelle in Bosnien-Herzegowina gefordert wurde, waren auch solche zu sehen, die an die Migranten gerichtet waren. "Refugees welcome", hieß es darauf.Der EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn bezeichnete die Gay Parade auf Twitter als einen wichtigen Schritt zum Schutz der grundlegenden Rechten aller Bürger Bosnien-Herzegowinas, die LGBT-Gemeinschaft eingeschlossen. Sie hätten das Recht, ihr Leben ohne Diskriminierung, Misshandlung und Drohungen zu führen, schrieb Hahn.
Die knapp zwei Kilometer lange Strecke von der Ewigen Flamme im Zentrum Sarajevos bis zum Parlament wurde von Teilnehmern unter strengen Sicherheitsmaßnahmen der Polizei zurückgelegt. Der Marsch wurde von Trommlern begleitet, immer wieder war auch "Ay Carmela", das beliebte Mobilisierungslied aus dem Spanischen Bürgerkrieg, zu hören.
Gleichstellung aller Bürger
Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, hat die Behörden in Bosnien und Herzegowina aufgefordert, für einen sicheren Ablauf der ersten Pride-Parade in der Geschichte des Landes zu sorgen.
Politiker sollten sich nicht an Debatten oder Aktionen beteiligen, die den Menschen die Teilnahme an der Demonstration für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgender-Personen (LGBT) erschwere oder untersage, mahnte Mijatovic am Freitag.
Die Veranstaltung, die am Sonntag in der Hauptstadt Sarajevo stattfinden soll, sei ein wichtiger Schritt in der Gleichstellung aller Bürger des Staats, so die Menschenrechtskommissarin. Die Pride-Parade sei wichtig, um auf die Menschenrechte der LGBT-Menschen aufmerksam zu machen, so Mijatovic, die selbst aus Bosnien und Herzegowina stammt. Der Staat ist eines der letzten aus dem ehemaligen Jugoslawien hervorgegangenen Länder, die eine Parade erlauben.
Proteste gegen die Parade
Unter den muslimischen Bosniaken, orthodoxen Serben und katholischen Kroaten des Balkanlandes sind traditionelle Wertvorstellungen weit verbreitet.
Wie in anderen Städten gab es im Voraus Drohungen gegen Organisatoren und Teilnehmer der Demonstration. Für Sonntag wurden zudem Proteste gegen die Pride-Parade angekündigt. Die Wiener Zeitung weist darauf hin, dass laut bosnischen Medienberichten mehr als 1100 Ordungshüter im Einsatz sein werden, um für die Sicherheit von rund 500 angemeldeten Teilnehmer der Schwulenparade zu sorgen.
Eine wichtige Maßnahme, schließlich wurden in der Vergangenheit bereits zwei LGBT-Veranstaltungen in Sarajevo gewaltsam zum Abbruch gezwungen.