Sein Leben sei wirklich nicht sonderlich schön, klagte der gutangezogene Brite während seiner Fußmassage. In anderen Monarchien, dem Fürstentum Monaco etwa, würden die Royals wenigstens in ihrer Freizeit in Ruhe gelassen. Hingegen sei er wegen seines Privatlebens dauernd in "großen Schwierigkeiten".
Wie vieles in den unappetitlichen Geschichten rund um Prinz Andrew, Lieblingssohn von Queen Elizabeth II. und Achter der Thronfolge, gehört die mehrere Jahre zurückliegende Szene in den Bereich des Hörensagens. Allerdings passt sie in das Bild, das sich die britische Öffentlichkeit über den Herzog von York, 59, gemacht hat: Der Mann war Frauenheld (Spitzname: randy Andy) und Freund zwielichtiger Geschäftsleute, beharrt in rüdem Ton auf seinem royalen Status und beklagt gern sein vermeintlich schweres Schicksal.
Dass Andrews Reputation nun "wahrscheinlich unwiderruflich beschädigt" ist, wie der königstreue Daily Telegraph glaubt, hat vor allem mit einem prominenten Namen zu tun: Jeffrey Epstein. Ein Jahrzehnt lang ließ sich der Prinz immer wieder von dem US-Finanzier einladen und durch die Welt fliegen, verbrachte Zeit in dessen New Yorker Anwesen, wo auch die angebliche Massage-Szene spielt. Den Kontakt brach der Engländer zunächst selbst dann nicht ab, als Epstein wegen Sexualdelikten zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.
Vor 16 Tagen nahm sich der 66-Jährige in Untersuchungshaft das Leben – seither reißen die für Andrew peinlichen Schlagzeilen nicht ab. Denn Epstein stand unter Anklage wegen Sexualdelikten wie Zuhälterei und Beischlaf mit Minderjährigen, eine Vielzahl von Frauen haben Beschuldigungen erhoben. Zu Epsteins Opfern soll auch eine Mutter von drei Kindern stehen: Virginia Roberts sagt, sie sei 2001 als 17-Jährige von Epstein "zur Sexsklavin gemacht" und zum Sex mit dem Prinzen gezwungen worden, hieß es in der Klagebegründung.
Das Gericht von West Palm Beach (Florida) beschrieb die Vorwürfe gegen den Herzog als "unerheblich und unverschämt". Dieser hat alle Vorwürfe eigener Verwicklung in die Sexualverbrechen seines Freundes stets energisch bestritten. Das Verfahren gegen Epstein habe ihn "erschüttert", gab sich Andrew naiv und bestätigte damit den Eindruck eines bösartigen Tory, im Oberstübchen des Herzogs gebe es "keine nennenswerte mentale Aktivität".
Seine Karriere als Handelsbeauftragter Großbritanniens musste Andrew schon 2011 wegen Kontakten zu arabischen Despoten sowie wegen der Epstein-Connection aufgeben. Seither irrlichtert er durchs Königshaus, durfte bei Präsident Donald Trumps Besuch ein Frühstück für Wirtschaftskapitäne ausrichten oder, von den Medien kaum beachtet, nach China reisen. Mit seiner geschiedenen Frau Sarah bleibt der Prinz befreundet, die gemeinsamen Töchter Beatrice und Eugenie machen wenig von sich reden.
Zuletzt hielt Andrew in einer langen Erklärung fest, er habe zu keiner Zeit von dem Verhalten Notiz genommen, das zur Festnahme Epsteins geführt hatte. Es sei ein Fehler gewesen, Epstein nach dessen Freilassung wiederzusehen: "Ich habe erhebliches Mitgefühl mit allen, die von seinem Handeln und Verhalten betroffen waren."