Die Odyssee der Migranten an Bord des Rettungsschiffes "Open Arms", die seit 19 Tagen darauf warten, in einen italienischen Hafen einlaufen zu dürfen, wird nach einem chaotischen Tag überraschend bald zu Ende gehen: Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Agrigent beschloss am Dienstag die Konfiszierung des Schiffes der spanischen NGO vor der süditalienischen Insel Lampedusa sowie die Evakuierung der Migranten an Bord.
Der Beschluss wurde nach einer Inspektion des sizilianischen Staatsanwalts Luigi Patronaggio an Bord des Schiffes gefasst. Patronaggio sprach von einer "explosiven Situation" an Bord des Schiffes. Es sei wichtig, die Sicherheit aller Personen an Bord des Schiffes zu garantieren. Der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, bezeichnete die "Open Arms" als "schwimmendes Konzentrationslager".
Die sizilianische Justiz hatte aufgrund einer Anzeige der spanischen Hilfsorganisation "Proactiva Open Arms", Betreiberin der "Open Arms", eine Untersuchung eingeleitet. Nach fast drei Wochen auf See waren 17 Migranten am Dienstag ins Meer gesprungen, um bis zu der einige Hundert Meter entfernt liegenden, italienischen Insel Lampedusa zu schwimmen. Noch unklar ist, ob die Migranten nach Eintreffen auf Lampedusa in Europa umverteilt werden sollen. Sechs EU-Länder hatten sich in den vergangenen Tagen zur Aufnahme der "Open Arms"-Migranten bereit erklärt.
Italiens Innenminister Matteo Salvini reagierte empört auf den Gerichtsbeschluss und beklagte eine Strategie, um die Häfen seines Landes wieder zu öffnen. Er erwarte auch eine Klage wegen Amtsmissbrauchs, weil er - wie schon in früheren Fällen von Rettungsschiffen - eine Genehmigung für ein Einlaufen der "Open Arms" verweigerte. Er warf der sizilianischen Justiz vor, gegen den Willen der Regierung zu handeln, die den privaten Rettungsschiffen die italienischen Häfen versperrt habe.
Während Salvini im Streit um die "Open Arms" nicht nachgeben wollte, hatte sich die spanische Regierung eigenen Angaben zufolge bereit erklärt, ein Marineschiff zum Rettungsschiff mit mehr als 80 Migranten an Bord zu schicken. Danach sollten die Asylsuchenden nach Palma de Mallorca gebracht werden. Die Regierung in Madrid halte dies für die "angemessenste Lösung", hieß es. Die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles hatte bereits in der Früh eine Lösung in den "nächsten Stunden" in Aussicht gestellt. Angesichts der humanitären Notlage an Bord dürfe niemand wegschauen.
Auch die EU-Kommission hatte am Dienstag Druck auf die EU-Mitgliedstaaten für eine Lösung im Fall der "Open Arms" ausgeübt: "Wir rufen alle EU-Mitgliedstaaten und NGOs zur Zusammenarbeit auf, um den Migranten so rasch wie möglich die Landung zu ermöglichen", so EU-Kommissionssprecherin Natasha Bertaud.
Szenen von Touristen gefilmt
Die Hilfsorganisation "Proactiva Open Arms" berichtete von 17 Personen, die ins Wasser gesprungen waren, um Lampedusa zu erreichen. Sie wurden von der NGO oder der Küstenwache gerettet. Einer der Migranten weigerte sich an Bord des Schiffes zurückzukehren. Wegen seines vehementen Protests wurde er nach Lampedusa geführt, berichteten italienische Medien. Andere Migranten wurden von der Küstenwache an Bord des Schiffes zurückgebracht, sprangen aber erneut ins Meer, um die rund 700 Meter entfernte Küste zu erreichen. Die Szenen wurden von Touristen gefilmt.
Der sizilianische Staatsanwalt, Luigi Patronaggio, sprach von einer "explosiven Situation" an Bord. Es sei wichtig, die Sicherheit aller Personen an Bord des Schiffes zu garantieren. Auch der Bürgermeister von Lampedusa, Salvatore Martello, der am Montagabend an Bord des Schiffes gegangen war, erklärte sich besorgt. "Die Menschen an Bord sind verzweifelt. Viele von ihnen haben Folter während ihrer Gefangenschaft in Libyen erlitten", so der Bürgermeister der Insel. Der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, bezeichnete die "Open Arms" als "schwimmendes Konzentrationslager".
Landung verweigert
Italien verweigert dem Schiff mit den geretteten Migranten an Bord weiter die Landung. Bereits am Sonntag waren vier Migranten ins Meer gesprungen, um zu versuchen nach Lampedusa zu schwimmen. Sie waren von Mitgliedern der Crew wieder an Bord gebracht worden.
Fast hundert Migranten befanden sich am Dienstag noch an Bord des spanischen Rettungsschiffes, das seit mehr als zweieinhalb Wochen auf See blockiert ist, weil Italien die Landegenehmigung verweigert. Am späten Montagabend hatten neun Migranten das Schiff aus Gesundheitsgründen verlassen dürfen.
Angesichts der dramatischen Lage versprach Spanien am Dienstag eine baldige Lösung für die Migranten an Bord. Die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles, kündigte eine Mitteilung in den "nächsten Stunden" an, wie Madrid die Situation lösen wolle. Angesichts der humanitären Notlage an Bord dürfe niemand wegschauen, sagte Robles weiter. Der italienische Innenminister Matteo Salvini kümmere sich nicht um Menschenleben, sondern nur um seinen Wahlkampf.
Mehrere Länder nehmen Flüchtlinge auf
Die spanische Regierung hatte dem Schiff eine Landung in einem Hafen der Balearischen Inseln angeboten, die NGO lehnte jedoch angesichts der prekären Lage an Bord die tagelange Fahrt nach Spanien ab.
Obwohl sich mehrere europäische Länder, darunter Deutschland, zur Aufnahme von Flüchtlingen von der "Open Arms" bereit erklärt haben, will der italienische Innenminister Matteo Salvini die Migranten nicht von Bord lassen.
Der italienische Verkehrsminister Danilo Toninelli, der für die Häfen seines Landes zuständig ist, erklärte sich am Montagabend bereit, Schiffe der Küstenwache zur Verfügung zu stellen, um die "Open Arms"-Migranten nach Spanien zu führen.
Unterdessen machte die EU-Kommission Druck auf die EU-Mitgliedstaaten für eine Lösung im Fall der "Open Arms". "Wir rufen alle EU-Mitgliedstaaten und NGOs zur Zusammenarbeit auf, um den Migranten so rasch wie möglich die Landung zu ermöglichen", so EU-Kommissionssprecherin Natasha Bertaud.