Das Tauziehen um das von Italien abgewiesene Flüchtlingsrettungsschiff "Open Arms" dauert an. Zwar bot Spanien der Hilfsorganisation "Proactiva Open Arms" zuletzt an, das Schiff dürfe in den Hafen der Balearen-Insel Menorca einlaufen, die NGO lehnt diesen Vorschlag jedoch ab. Die Lage an Bord sei zu prekär, um weitere fünf Tage auf See zu verbringen.
Angebot abgewiesen
Das Schiff befindet sich derzeit vor der süditalienischen Insel Lampedusa. Die spanische Regierung hat der "Open Arms" angeboten, den nächstgelegenen spanischen Hafen anzufahren", teilte die Regierung in Madrid am Montag mit. In Frage kommt neben der Insel Menorca das etwas weiter entfernt liegende Mallorca. Ein Angebot, den andalusischen Hafen Algeciras anzusteuern, hatte die spanische NGO am Sonntag abgewiesen.
"Unser Schiff befindet sich 800 Meter von der Küste Lampedusas entfernt und die EU-Staaten fordern von einer kleinen NGO wie uns, weitere Tage mit schwieriger Wetterlage auf See zu verbringen", kommentierte die Hilfsorganisation auf Twitter. Die 107 Migranten sowie die 19-köpfige Crew seien nach den vielen Tagen an Bord erschöpft. Menorca liegt rund 900 Kilometer westlich von Lampedusa.
"Proactiva Open Arms", fordert, dass die Menschen auf Lampedusa an Land gehen dürfen und per Flugzeug nach Spanien gebracht werden. Der Flug von Catania nach Madrid würde nicht mehr als 240 Euro pro Passagier kosten, so der Missionschef der "Open Arms", Riccardo Gatti, laut Medienangaben.
Italien hatte am Samstag lediglich die Landung von 27 minderjährigen Migranten erlaubt. Die anderen Migranten mussten an Bord bleiben. Die Regierung in Madrid kritisierte den italienischen Innenminister Matteo Salvini wegen dessen unerbittlicher Haltung scharf und sprach in einer Mitteilung von einer "unfassbaren Reaktion" des rechten Politikers. Salvini entgegnete auf Twitter: "Wer hart bleibt, gewinnt."
Die EU-Kommission richtete indes einen Appell an die EU-Mitgliedsstaaten und an die NGO, eine rasche Lösung zu finden. EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos bemühe sich auch darum, dass die 356 Migranten an Bord der "Ocean Viking" rasch an Land gehen können, so EU-Kommissionssprecherin Natasha Bertaud am Montag. Dies sei eine "humanitäre Pflicht".
Die Lage auf der "Open Arms" war am Sonntag nach zweieinhalb Wochen auf See kurzzeitig eskaliert. Migranten sprangen ins Meer - offenbar um nach Lampedusa zu schwimmen. Helfer brachten sie zurück an Bord. Das spanische Fernsehen zeigte am Montag Bilder der resignierten Menschen. Einige hatten Weinkrämpfe und wurden von Psychologen betreut. Der Arzt der italienischen Insel, Francesco Cascio, forderte die sofortig Landung der Migranten. "Die Menschen an Bord der 'Open Arms' sind erschöpft. Ich hoffe, dass sie so bald wie möglich das Schiff verlassen dürfen", sagte der Arzt.
"Er ist nicht so"
Hollywoodstar Richard Gere, der vor kurzem die "Open Arms" besucht und zu Unterstützung der Seenotretter aufgerufen hatte, erklärte indes, Salvini treffen zu wollen. Der Chef der rechtspopulistischen Lega setze wie US-Präsident Donald Trump auf Angst und Hass, kritisierte Gere gegenüber der Tageszeitung "Corriere della Sera" (Montag). "Ich bin sicher, er ist nicht, wie er sich in der Öffentlichkeit zeigt", zeigte sich der US-Schauspieler dennoch überzeugt.
"Salvini hat eine Familie, Kinder, Eltern. Er betrachtet Politik als Weg, um seine Popularität zu erhöhen", so Gere. "Wenn Salvini Zeit mit den Migranten verbringen würde, auf ihre Geschichte, ihre Familiendramen hören würde, würde er seine Ansicht ändern. Er macht aus einem humanitären Notstand einen politischen Fall. Doch das ist schlechte Politik", kritisierte der 69-Jährige.