Nach dem Tod von Jeffrey Epstein im Gefängnis hat US-Justizminister Bill Barr zugesichert, die Ermittlungen zu den mutmaßlichen Sexualverbrechen des Multimillionärs fortzuführen. Komplizen sollen ihrer Strafe nicht entgehen. Der 66-jährige Ex-Investmentbanker, der jahrelang minderjährige Mädchen sexuell missbraucht und zur Prostitution angestiftet haben soll, hatte gute Kontakte zu hochrangigen Politikern und Prominenten. In Gerichtsdokumenten und Medienberichten tauchen wiederholt mehrere Namen auf:
Ghislaine Maxwell: Die Tochter des verstorbenen britischen Medienmoguls Robert Maxwell ist nach Epsteins Tod die Verdächtige Nummer eins. Mehrere Opfer werfen der 57-Jährigen vor, sie habe aktiv junge Mädchen rekrutiert, um Epsteins sexuelles Verlangen zu befriedigen, und sich auch selbst an dem Missbrauch beteiligt. Die inzwischen 36-jährige Virginia Giuffre gab 2015 in einer Zivilklage gegen Epstein und Maxwell an, die Britin habe sie vor Jahren als "Sexsklavin" für Epstein rekrutiert. Maxwell, die Epstein als seine "beste Freundin" bezeichnete, wies die Vorwürfe zurück.
George Mitchell: Der Name des früheren US-Senators taucht in Gerichtsunterlagen auf, die am vergangenen Freitag - also kurz vor Epsteins mutmaßlichem Suizid in seiner New Yorker Gefängniszelle - freigegeben wurden. Der heute 85-Jährige war als Sondergesandter des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton an den Friedensverhandlungen im Nordirland-Konflikt beteiligt, Ex-Präsident Barack Obama ernannte ihn zu seinem Sondergesandten für den Nahen Osten. Giuffre gibt an, von Epstein und Maxwell gezwungen worden zu sein, mit Mitchell und mit Clintons UN-Botschafter Bill Richardson Sex zu haben. Beide wiesen die Vorwürfe strikt zurück.
Leslie Wexner und Jean-Luc Brunel: Der US-Milliardär Wexner, zu dessen Konzern L Brands unter anderem die Dessousmarke Victoria's Secret gehört, wird verdächtigt, der wichtigste finanzielle Unterstützer Epsteins gewesen zu sein. Epstein hatte ab Ende der 80er Jahre als Berater für Wexner gearbeitet. Laut der "New York Times" hatte der Unternehmer so großes Vertrauen in Epstein, dass er ihm Anfang der 90er-Jahre eine Generalvollmacht gab. Er soll ihm auch sein Haus in Manhattan überlassen haben, ohne dass dafür Geld floss. Ein Sprecher des Milliardärs versicherte, Wexner habe seine Verbindungen zu Epstein vor zehn Jahren gekappt.
Der französische Geschäftsmann Brunel ist der Chef der Model-Agentur MC2. Giuffre gibt an, Epstein habe sie auch zum Sex mit Brunel gezwungen. Zwei französische Kabinettsmitglieder setzten sich am Montag dafür ein, Ermittlungen zu Querverbindungen des mutmaßlichen Sexhandels nach Frankreich einzuleiten. Epstein reiste regelmäßig nach Paris, wo er eine Immobilie im wohlsituierten 16. Arrondissement besaß.
Prinz Andrew: In Berichten wird der mittlere Sohn der britischen Königin Elizabeth II. häufig als Freund von Epstein genannt. Virginia Giuffre warf Ghislaine Maxwell vor, sie zum Sex mit dem Prinzen gezwungen zu haben. Eine weitere Frau warf Prinz Andrew unanständiges Verhalten vor. Der Buckingham-Palast wies die Vorwürfe mehrfach zurück.
Opfer reichte Klage ein
"Ich bin wütend, dass er mir nicht persönlich vor Gericht antworten muss. Aber mein Streben nach Gerechtigkeit fängt gerade erst an", schrieb Jennifer Araoz, eines der mutmaßlichen Opfer, nach Epsteins Tod in einer Kolumne für die "New York Times". Sie fordert Schadenersatz von Epsteins Erben und mutmaßlichen Komplizinnen.
Die heute 32 Jahre alte Jennifer Araoz wirft Epstein vor, sie im Jahr 2002 vergewaltigt zu haben. Gegen dessen Erben, seine mutmaßliche Verbündete Ghislaine Maxwell und drei weitere namentlich nicht genannte Frauen reichte sie nun vor dem Obersten Gerichtshof des Bundesstaats New York Klage ein.
Ein am Mittwoch in Kraft getretenes Gesetz im Bundesstaat New York ermöglichte Araoz' Klage. Es gibt Opfern von länger zurückliegenden Sexualverbrechen ein Jahr Zeit, um rechtliche Schritte einzuleiten. Das neue Gesetz könnte eine regelrechte Klagewelle gegen Epstein und dessen mutmaßliche Komplizen zur Folge haben.