Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat anlässlich der Befragung der Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete durch die italienische Staatsanwaltschaft gefordert, alle Anschuldigungen gegen die Deutsche fallen zu lassen. Die Ermittlungen gegen sie seien "grundlos", sagt Elisa De Pieri, Südeuropa-Forscherin bei Amnesty. Rackete wurde am Donnerstag von der Staatsanwaltschaft befragt.
Die Vorwürfe gegen die "mutige junge Frau" würden nur die Entschlossenheit der italienischen Regierung aufzeigen, "Menschen, die Seenotrettungen durchführen, einzuschüchtern", so De Pieri. Carola Rackete habe "nichts falsch gemacht". Sie habe sich an das internationale und italienische Gesetz gehalten, Menschen, die in Seenot geraten, zu retten und in einen sicheren Hafen zu bringen. Es sei die italienische Regierung, die laut der NGO das Gesetz gebrochen hat, indem sie die Anfrage Racketes, einen sicheren Hafen anzusteuern, verneinte.
Feiern statt verfolgen
"Carola Racketes Handlungen sollten gefeiert, anstatt rechtlich verfolgt werden und die Anschuldigungen gegen sie müssen fallengelassen werden", fordert Amnesty International. Von den am heutigen Donnerstag im finnischen Helsinki tagenden EU-Innenministern fordert die NGO eine Einigung auf eine funktionstüchtige Lösung zur Sicherung und Verteilung von geretteten Personen auf See.
Ein Sprecher der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa, dass bei der Anhörung von Rackete am Donnerstag in Agrigento keine Entscheidung erwartet werde. "Wir tun aber alles, um eine schnelle Entscheidung zu ermöglichen und erwarten, dass das Gericht letzten Endes, wie in den Fällen zuvor, feststellen wird, dass wir rechtmäßig gehandelt haben", sagte der Sprecher. Der Staatsanwalt hatte schon zuvor erklärt, dass die Entscheidung über einen Prozess erst nach dem Sommer getroffen werde. Rackete wird Beihilfe zu illegaler Einwanderung und Widerstand gegen ein Kriegsschiff vorgeworfen.
Demonstration für Rackete vor Justizpalast
In der sizilianischen Stadt Agrigent hat am Donnerstag die Befragung der "Sea-Watch"-Kapitänin Carola Rackete durch die italienische Staatsanwaltschaft begonnen. Rackete erschien im Justizpalast von Agrigent in Begleitung ihrer beiden Rechtsanwälte, antwortete jedoch nicht auf Fragen der Journalisten. Vor dem Justizpalast demonstrierten ihre Anhänger.
"Menschenleben zu retten, ist kein Verbrechen", stand auf einem Spruchband vor dem Eingang des Justizpalasts von Agrigent. Aktivisten einiger NGOs verteilten Flugblätter zur Unterstützung von Rettungsaktionen im Mittelmeer.