Die Fahrt des von Migranten gekaperten Handelsschiff "El Hibru 1" ist am Donnerstag im Hafen von La Valletta zu Ende gegangen. Das türkische Frachtschiff mit Flagge des Inselstaates Palau, das zuvor gerettete Migranten vor der Küsten Libyens in ihre Gewalt gebracht und in Richtung Malta gesteuert hatten, wurde von Hubschraubern und Militärschiffen zur maltesischen Hauptstadt Valletta eskortiert.

Maltesische Soldaten gingen an Bord des Handelsschiffes, als es maltesische Gewässer erreicht hatte, und übernahmen dessen Kontrolle, berichteten die Behörden von Malta. Das Handelsschiff hatte im Mittelmeer eine Gruppe Migranten vor der libyschen Küste aufgenommen, dann aber etwa sechs Seemeilen vor der Hauptstadt Tripolis plötzlich den Kurs Richtung Nord geändert. An Bord befanden sich 108 Migranten, darunter 19 Frauen und 12 Minderjährige.

Fünf Migranten wurden nach der Landung wegen des Vorwurfs festgenommen, das Schiff in ihre Gewalt gebracht zu haben. Sie werden beschuldigt, die Besatzung gezwungen zu haben, Kurs auf Malta zu nehmen. Sie verließen das Schiff in La Valetta laut Behördenangaben in Handschellen.

Migranten küssten den Boden

Die Minderjährigen durften das Schiff als erste verlassen, wie die maltesischen Behörden berichteten. Einige Migranten knieten und küssten den Boden, als sie ausstiegen. Sie sollen in einem Hotel in der Stadt Marsa untergebracht werden. "Wir entziehen uns trotz der Dimension unserer Insel nicht unseren Pflichten. Wir werden alle internationalen Vorschriften respektieren", twitterte der maltesische Premier Joseph Muscat.

Der italienische Innenminister Matteo Salvini, der die Migranten als "Piraten" bezeichnet hatten, begrüßte Maltas Vorgehen. "Dieser Fall bezeugt, dass hinter der Migration Kriminelle stecken, die mit allen Mitteln gestoppt werden müssen", so Salvini in einer Presseaussendung. Der Innenminister und Chef der rechten Regierungspartei Lega hatte zuletzt immer wieder gegen die an der Seenotrettung beteiligten Hilfsorganisationen Stimmung gemacht.

Flucht vor "libyschen Konzentrationslagern"

Die italienische NGO "Mediterranea Saving Humans" erwiderte, dass sich an Bord des Schiffes Menschen auf der Flucht vor "libyschen Konzentrationslagern" befunden hätten. Die Organisation rief Malta auf, die Flüchtlinge als Asylsuchende aufzunehmen.

Das Frachtschiff wurde an dem Tag gekapert, an dem die EU die Flüchtlingsrettung mit Schiffen im Rahmen der Mittelmeer-Mission "Sophia" wegen des Streits um die Flüchtlingsaufnahme mit Italien vorläufig eingestellthatte. Eine von den Mitgliedstaaten ausgehandelte Kompromisslösung vom Mittwoch sieht vor, das Mandat der Mission zwar zu verlängern - allerdings ohne den Einsatz von Schiffen. Dafür soll die Luftüberwachung über dem Mittelmeer ausgebaut werden. Der "Sophia"-Einsatz würde ohne Mandatsverlängerung am 31. März enden.

Die italienische Regierung wollte seit Monaten erreichen, dass die Mission nicht mehr automatisch alle geretteten Flüchtlinge nach Italien bringt, und forderte dazu eine Überarbeitung der Einsatzregeln. Rom drohte deshalb, die Verlängerung des "Sophia"-Mandats zu blockieren.