Allein im Krankenhaus der zweitgrößten Stadt Mosambiks, Beira, haben 160 Menschen den Durchzug des Zyklons "Idai" nicht überlebt. Das berichtete Fabrizio Graglia, Geschäftsführer der Hilfsorganisation "Esmabama", am Dienstag via Mail an die Partnerorganisation "Licht für die Welt", eine Fachorganisation für Menschen mit Behinderungen. Graglia war am Montag nach Südafrika ausgeflogen worden.
230 Stundenkilometer
"Idai" zog, vom Meer kommend, in der Nacht auf Freitag mit Windgeschwindigkeiten bis zu 230 Stundenkilometer über Beira und die dazugehörige Provinz Sofala landeinwärts und traf auch Simbabwe und Malawi. "Seither gibt es keinen Strom, keine Kommunikation (nur Satellitentelefone, die aber mangels Stroms nicht aufgeladen werden können, Anm.), keine Treibstoffe, kein Essen, kein Trinkwasser mehr", schrieb Graglia. Die Straßen seien überflutet, Beira auf dem Landweg nicht erreichbar. "Der Zyklon hat nur Tod und Zerstörung hinterlassen."
100 Tonnen Getreide vernichtet
"Esmabama" ist als langjähriger Partner von "Licht für die Welt" für die Inklusion von Kindern mit Behinderungen im Einsatz. In einer einzigen Station der Organisation wurden laut Graglia 100 Tonnen Getreide vernichtet. Das hätte Nahrung für vier Monate bedeutet. In Beira selbst stehen nur mehr einige Schulen, Spitäler und Bürogebäude, meist vom Sturm abgedeckt. Sie wurden zum Zufluchtsort für unzählige Familien. Das Dach des Zentralspitals wurde abgedeckt, ebenso die 2017 mit Spendengeldern aus Österreich von "Licht für die Welt" und seinen lokalen Partnern erbaute Augenklinik, die ein Einzugsgebiet von einer Million Menschen hat.
Graglia schilderte, wie der Zyklon eine Spur der Zerstörung zog: "Kein Fenster und keine Tür hat der Gewalt des Sturms standgehalten. An den Fassaden wurden die Boxen für die Klimaanlagen weggerissen. Häuser wurden zu Swimmingpools. Menschen schützten sich mit Matratzen gegen Fenstersplitter und Teile von Wellblechdächern. Tiere wurden vom Zyklon weggeblasen, sie hängen nun tot in Bäumen und auf Häusern."
Kein Lichtmast steht mehr
In Beira steht Graglia zufolge kein Lichtmast. Bäume blockieren die Straßen. Es gibt keine intakten Geschäfte oder Märkte mehr. In den ersten Tagen ernährten sich die Menschen von Orangen und Avocados, die noch verfügbar waren, die vorhandenen Trinkwasserreserven wurden rationiert.
Freitagfrüh hatte der Sturm kurzfristig nachgelassen. Dann wurde er erneut stärker und vollendete die Zerstörungen. Vernichtet wurde auch landwirtschaftliches Gerät. "Wir brauchen dringend Hilfe", schrieb Graglia.
Rotes Kreuz: bis zu 400.000 Menschen obdachlos
Nach dem schweren tropischen Wirbelsturm "Idai" sind in Mosambik einer Schätzung des Roten Kreuzes zufolge bis zu 400.000 Menschen zeitweise obdachlos geworden. Die von dem Zyklon ausgelösten Überschwemmungen setzten im Zentrum Mosambiks demnach ganze Landstriche unter Wasser und beschädigten zahllose Häuser.
Helfer bemühten sich am Dienstag weiter, das ganze Ausmaß der Krise zu bewerten und mehr Unterstützung in das Katastrophengebiet zu bringen. Amnesty International forderte die internationale Gemeinschaft auf, mehr Mittel für die Zyklon-Opfer bereitzustellen. In der Provinz Sofala und der Hafenstadt Beira mit rund 500.000 Einwohnern gab es weiterhin keinen Strom, kein Kommunikationsnetz und keine reguläre Trinkwasserversorgung. Der Stromversorger EDM erklärte, es gebe keinen Kontakt zu den Teams an Ort und Stelle. "Deswegen können wir auch nicht vorhersehen, bis wann die Versorgung wiederhergestellt werden kann", sagte Sprecher Moises Mabunda.
90 Prozent von Beira zerstört
Das Rote Kreuz hatte zuvor gewarnt, dass rund 90 Prozent von Beira schwerbeschädigt oder zerstört seien. Die Hafenstadt ist wegen der Überschwemmungen nur noch aus der Luft zu erreichen. Ein Nothilfeteam von Ärzte ohne Grenzen sollte dort am Dienstag eintreffen, um medizinische Hilfe zu leisten und bei der Trinkwasserversorgung zu helfen. Die EU stellte 3,5 Millionen Euro Soforthilfe bereit.
Mosambiks Präsident Filipe Nyusi hatte am Montag gewarnt, infolge des Zyklons könnte es mindestens 1.000 Todesopfer geben. Offiziell gingen die Behörden zunächst weiter von 84 Toten aus. Auch Hilfskräfte gingen davon aus, dass die Zahl der Toten um vieles steigen wird. Der Zyklon mit der Stärke vier von fünf war in der Nacht auf Freitag mit Windböen von bis zu 160 Kilometer pro Stunde vom Indischen Ozean her kommend in der Nähe von Beira auf Land getroffen. Es folgten Sturmfluten und massive Überschwemmungen. "Idai" schwächte sich über Land ab und zog weiter ins nahe Simbabwe. Dort kamen 98 Menschen ums Leben. Wie die UNO am Dienstag in Genf mitteilte, wurden 1,7 Millionen Menschen im Einzugsbereich des Zyklons in Mosambik, Simbabwe und Malawi getroffen.