Bei einem Anschlag in einer Straßenbahn in der niederländischen Großstadt Utrecht sind am Montagvormittag drei Menschen getötet worden. Fünf weitere seien laut Polizei verletzt worden.
"Wir gehen von einem terroristischen Motiv aus", sagte Bürgermeister Jan van Zanen in einer Videobotschaft. Die Polizei fahndet intensiv nach einem 37-jährigen Mann. Der Verdächtige soll in der Türkei geboren sein, teilte die Polizei am Montag auf Twitter mit. Die Polizei veröffentlichte ein Foto des Mannes namens Gökmen Tanis aus der Straßenbahn. Wer den Gesuchten sehe, solle sich ihm nicht nähern, twitterte die Polizei.
Das Foto des Verdächtigen wurde von einer Überwachungskamera aufgenommen:
Am späten Montagnachmittag gab die Polizei eine erste Entwarnung: Die Menschen, die zuvor aufgerufen waren, zuhause zu bleiben, könnten wieder auf die Straße gehen, teilte die Polizei am Montag mit. Inzwischen gehen die Ermittler davon aus, dass es sich neben einem terroristischen Motiv auch um eine Beziehungstat handeln könne.
Doch eine Beziehungstat?
Bei dem Anschlag habe es der Täter laut einem Augenzeugen gezielt auf eine Frau abgesehen gehabt. Wie Daan Molenaar im NOS Radio sagte, befand er sich im vordersten Teil der Straßenbahn, als die Schüsse im hinteren Teil fielen. Nach dem Stoppen der Bahn habe er zunächst eine auf dem Boden liegende Frau bemerkt, der andere Reisende hätten helfen wollen.
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sprach indes von einem Anschlag in Utrecht. "Unser Land ist heute durch einen Anschlag aufgeschreckt worden", so Rutte. Gewalt habe unschuldige Menschen getroffen. "Ein Terrorakt ist ein Angriff auf unsere Zivilisation." Es werde alles versucht, um den oder die Täter zu fassen. "Wir werden nie vor Intoleranz weichen", betonte der Mitte-Rechts-Politiker. Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders ging ebenfalls von einem Terrorakt aus. Wilders sagte im niederländischen Fernsehen, es sehe nach einem "Terroranschlag mit unschuldigen Opfern" aus.
Höchste Terroralarmstufe
Die Ermittler prüften Hinweise, wonach ein Verdächtiger mit einem roten Auto geflohen sein soll. Der Nachrichtenagentur ANP zufolge schließt die Polizei nicht aus, dass es auch mehrere Angreifer gibt. Die Terrorwarnung für Utrecht wurde nach Angaben von Aalbersberg auf die höchste Stufe erhöht. Die Militärpolizei verschärfte zudem die Sicherheitsvorkehrungen für Flughäfen und wichtige Gebäude in den Niederlanden. Angesichts der höchsten Terroralarmstufe in der Region wurde auch im niederländischen Regierungszentrum in Den Haag vor dem Parlament und dem Amtssitz des Ministerpräsidenten die Polizeipräsenz verstärkt.
"Auf dem Platz des 24. Oktober in Utrecht sind Schüsse gefallen. Mehrere Menschen wurden verletzt", hatte die Polizei zunächst auf Twitter erklärt. Die niederländische Nachrichtenagentur ANP berichtete dann, dass es mindestens ein Todesopfer gegeben habe. Es lag demnach zugedeckt zwischen zwei Straßenbahnwagen auf den Gleisen. Drei weitere Personen sind laut Berichten des niederländischen Fernsehens und der Zeitung "De Telegraaf" ins Krankenhaus gebracht worden.
Großeinsatz
Auf Fotos, die von örtlichen Medien verbreitete wurden, waren maskierte und bewaffnete Polizisten und Rettungswagen rund um eine Straßenbahn zu sehen. Der Straßenbahnverkehr in der Gegend wurde eingestellt, wie ANP unter Berufung auf den Betreiber Qbuzz berichtete. Anders als in vielen Nachbarländern sind die Niederlande in den vergangenen Jahren von Terroranschlägen verschont geblieben. In den vergangenen Monaten gab es allerdings eine Reihe bedrohlicher Vorfälle.
So vereitelte die niederländische Polizei erst im September nach eigenen Angaben einen großen Anschlag. In den Städten Arnheim und Weert wurden sieben Verdächtige festgenommen, die einen islamistischen Anschlag auf eine Großveranstaltung geplant haben sollen. In den Wohnungen der Verdächtigen fanden die Ermittler große Mengen an Materialien zur Herstellung von Bomben, darunter hundert Kilogramm Dünger.
Ende August war ein 19-jähriger Afghane mit Wohnsitz in Deutschland am Amsterdamer Bahnhof mit einem Messer auf Passanten losgegangen. Zwei US-Bürger wurden dabei schwer verletzt. Die Ermittler gehen von einem "terroristischen" Motiv aus.
Die Stadt Utrecht hat eine Hotline für Informationsanfragen eingerichtet: +31 30 286 0000.