Im Wiesbadener Mordprozess gegen den 22-jährigen Ali B. hat der Angeklagte die Tötung der 14-jährigen Susanna aus Mainz gestanden. Er habe das Mädchen im Sitzen erwürgt, sagte B. am Dienstag vor dem Landgericht in der hessischen Landeshauptstadt. Er wisse allerdings nicht, wie dies habe geschehen können.
Die ihm ebenfalls vorgeworfene Vergewaltigung Susannas stritt B. weiterhin ab. Es habe einvernehmlichen Sex gegeben, sagte er. Im Anschluss sei Susanna auf dem Rückweg gestürzt. Sie sei sauer und laut geworden und habe mit der Polizei gedroht. Daraufhin sei ihm schwarz vor Augen geworden, und er habe das Mädchen getötet.
Zum Prozessbeginn hatte B. zunächst Angaben zu seiner Person gemacht. Unter anderem äußerte er sich zu seinem Drogenkonsum. B. gab an, häufiger Marihuana und Kokain konsumiert zu haben. Auch habe er regelmäßig harten Alkohol getrunken. Die Anwältin von Susannas Mutter, die als Nebenklägerin am Prozess teilnimmt, zog B.s Schilderungen von dem Sturz und der anschließenden Tötung in Zweifel. "Etwas Blut im Gesicht begründet keinen Mord", sagte Petra Kaadtmann in Wiesbaden.
Aus dem Irak zurückgeschickt
Susannas Leiche war Anfang Juni 2018 - zwei Wochen nach dem Verschwinden des Mädchens - gefunden worden. B. gestand in Vernehmungen die Tötung des Mädchens, nicht aber die Vergewaltigung. Beides sowie einen schweren Raub wirft die Anklage ihm vor. B. setzte sich kurz nach der Tat mit seiner Familie in den Irak ab. Dort wurde er von kurdischen Sicherheitskräften festgenommen und zurück nach Deutschland gebracht. Unter anderem deswegen schlug der Fall Susanna auch politisch hohe Wellen. Es gab Demonstrationen gegen sexualisierte Gewalt und gegen Einwanderung sowie auf der anderen Seite gegen Rassismus.
Nach Angaben mehrerer Bildjournalisten, die vor dem Sitzungssaal warten mussten, versuchten am Dienstag etwa acht Landtagsabgeordnete der hessischen AfD in den Saal zu gelangen. Sie wurden abgewiesen, weil kein Platz war. In der Früh hatte es am Landgericht eine Mahnwache für Susanna gegeben.
An der Rückholung B.s aus dem Irak hatte sich auch der deutsche Bundespolizeipräsident Dieter Romann persönlich beteiligt. Ein deshalb gegen ihn eingeleitetes Verfahren wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung wurde inzwischen eingestellt. B.s Verteidigung monierte am Dienstag jedoch, der Vorgang stelle ein Verfahrenshindernis dar, weil es nie ein offizielles Auslieferungsabkommen zwischen dem Irak und Deutschland gegeben habe. Das Gericht lehnte den Antrag aber ab.
Am Dienstag kommender Woche beginnt in Wiesbaden ein weiterer Prozess gegen B., in dem ein 14-Jähriger mitangeklagt ist. In diesem Fall geht es um die mehrfache Vergewaltigung und den schweren sexuellen Missbrauch einer Elfjährigen. Auch gegen den Jugendlichen erhob die Staatsanwaltschaft eine zweite Anklage. Ihm wird zusätzlich vorgeworfen, zusammen mit B.s strafunmündigem Bruder die Elfjährige zweimal vergewaltigt und sie bedroht zu haben. Über die Zulassung entschied das Landgericht bisher nicht.
In beiden Prozessen gegen Ali B. sind Termine bis Mai angesetzt. Die Verhandlung um Susannas Tod könnte allerdings deutlich länger dauern.