Der US-Flugzeughersteller Boeing hat ein Softwareproblem bei Maschinen des Typs 737 Max eingeräumt, nachdem am Sonntag zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Monaten eine fast fabrikneue Maschine dieser Art in Äthiopien abgestürzt ist. Man arbeite an einer "Verbesserung der Software", teilte Boeing am Montagabend (Ortszeit) mit.
Das Software-Update solle "in den nächsten Wochen" in der 737-Max-Flotte erfolgen. Boeing verwies darauf, dass die US-Luftsicherheitsbehörde FAA die Änderung des Computerprogramms bis April erwarte. Konkret geht es um ein Programm zur Fluglagestabilisierung (MCAS), bei dem es durch falsche Sensordaten zu Problemen kommen kann. Boeing betonte, dass die Piloten "immer in der Lage sind, die Flugkontrolle manuell außer Kraft zu setzen". Die 737 Max sei "ein sicheres Flugzeug".
Australien zieht Modell aus Verkehr
Australien lässt auf seinen Flughäfen keine Passagiermaschinen des Typs Boeing 737 Max 8 mehr starten und landen. Die nationale Flugsicherheitsbehörde verhängte nach dem Absturz eines Boeing-Flugzeugs in Äthiopien am Dienstag für alle solche Maschinen ein vorübergehendes Verbot.
Betroffen sind die beiden Fluggesellschaften Silk Air aus Singapur und Fiji Airways von den Fidschi-Inseln, die die Boeing 737 Max 8 in Australien im Einsatz haben. Australische Fluggesellschaften fliegen nicht damit.
Zuvor hatte die US-Luftfahrtbehörde FAA mitgeteilt, dass Software- und Systemänderungen erforderlich seien. Die Behörde ordnete aber nicht an, dass alle Boeing 737 Max 8 vorerst am Boden bleiben müssen. Die FAA teilte mit, eigenes Personal und Mitarbeiter der US-Transportsicherheitsbehörde NTSB seien nach Äthiopien entsandt worden, um die äthiopischen Behörden bei der Suche nach der Unglücksursache zu unterstützen. "Alle Daten werden während dieser Untersuchung sorgfältig geprüft und die FAA wird geeignete Maßnahmen ergreifen, wenn die Daten darauf hindeuten, dass dies erforderlich ist."
Nase der Maschine nach unten gedrückt
Der deutsche Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt hatte im Ö1-Mittagsjournal den Verdacht geäußert, dass ein Softwareproblem an den Abstürzen schuld sei. Bei den Unglücken seien Ähnlichkeiten aufgefallen, "die ins Auge stechen". Die Software dürfte kurz nach dem Start ohne sichtbaren Grund eingegriffen und die Nase der Maschine nach unten gedrückt haben.
In den neuen Typus Boeing 737 Max wurde eine zusätzliche Software eingebaut, die dafür sorgt, dass die Flugzeugnase nicht zu hoch genommen wird. Diese dürfte sich eingeschaltet haben, obwohl der Flieger im Steigflug war. Die Piloten hätten "ziemlich verzweifelt versucht", die Nase nach oben zu nehmen. Und als diese wieder nach oben ging, habe die Software wieder eingegriffen und diese runtergedrückt. "Was sie (die Piloten, Anm.) nicht getan haben, was relativ einfach ist, diese Software, dieses System, einfach zu deaktivieren", meinte Großbongardt. "Das ist relativ einfach, das ist mehr oder weniger ein Knopfdruck."
Kann man Start verwehren?
Nach dem Unglück mit 157 Todesopfern, darunter drei Österreicher, beschlossen China, Indonesien, Südkorea und Äthiopiens nationale Fluggesellschaft sowie eine Reihe weiterer Airlines wie die mexikanische Aeromexico oder die brasilianische Gol, Boeings modernisierten Mittelstreckenjet vorerst am Boden zu lassen. Eine klare Reaktion der Luftfahrtbranche gibt es bisher allerdings nicht. Andere Airlines, darunter die großen US-Gesellschaften American und Southwest sowie die norwegische Norwegianfliegen die Maschinen weiter.
Auch die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) erteilte vorerst kein Startverbot. Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) verwies auf die Zuständigkeit der EASA und meinte, dass in Österreich einem Flugzeug nur dann der Start verwehrt werden kann, wenn bei einem Check auf einem österreichischen Flughafen ein gravierender Mangel festgestellt worden sei.
Die Aktien von Boeingbüßten am Montag zum Börsenstart bis zu knapp 13,5 Prozent ein. Das bedeutete laut der Nachrichtenagentur Bloomberg den größten Tagesverlust im Handelsverlauf seit den Terroranschlägen in New York am 11. September 2001. Im Verlauf erholte sich die Aktie und schloss 5,4 Prozent im Minus.
Mindesterfahrung für Piloten in Indien eingeführt
Indiens Luftfahrtbehörde DGCA hat eine Flugerfahrung von mindestens 1.000 Stunden für Piloten des Flugzeugtyps vorgeschrieben. Co-Piloten müssten laut DGCA mindestens 500 Stunden Flugerfahrung vorweisen. Dies sei eine vorläufige Sicherheitsmaßnahme, die Dienstagmittag (Ortszeit) in Kraft trete und für alle Flüge im indischen Luftraum gelte.
Diese sowie neue Vorgaben zur Wartung der Maschinen seien dem US-Luftfahrtkonzern Boeing und der US-Luftfahrtbehörde FAA mitgeteilt worden.
Die indische Fluggesellschaft Jet Airways hat fünf Maschinen dieses Typs. Diese seien aber derzeit nicht in Betrieb, teilte die Airline mit - aus finanziellen Gründen, wie eine Nachfrage ergab. SpiceJet - die andere indische Fluglinie, zu deren Flotte die Boeing 737 Max 8 gehört - äußerte sich zunächst nicht zu den 13 Maschinen.