Papst Franziskus hat in seiner traditionellen Weihnachtsansprache vor leitenden Mitarbeitern der römisch-katholischen Kirche, der Römischen Kurie, vor "Angst und Vorurteilen" gegenüber Migranten gewarnt. In der Sala Clementina des Apostolischen Palasts plädierte er am Freitag für Hilfe zugunsten der Migranten, die ihre Heimat verlassen und ihr Leben aufs Spiel setzen.

"Wie viele Migranten, die ihre Heimat verlassen müssen und das Leben riskieren, begegnen dem Tod? Wie viele überleben, doch finden verschlossene Tore?", mahnte der Papst. Franziskus lobte die vielen "Samariter" - Jugendliche, Familien, Gläubige und ehrenamtliche Organisationen -, die sich für den Nächsten einsetzen.

Christenverfolgung

Zugleich warnte der Papst vor der weltweit zunehmenden Christenverfolgung. "Wie viele Christen leben noch heute unter der Last der Verfolgung, der Ausgrenzung, der Diskriminierung und der Gerechtigkeit in vielen Weltteilen?", fragte er.

Die Kirche erlebe eine "neue Epoche von Märtyrern". "Es scheint, als wäre die grausame Verfolgung der Christen im Römischen Reich nicht zu Ende", sagte der Heilige Vater.

"Neue Neros entstehen immer wieder, um die Gläubigen zu unterdrücken, und nicht nur in ihrem Glauben in Christus. Neue extremistische Gruppen vermehren sich und attackieren Kirchen, Priester und einfache Gläubige", so der Papst.

Appell an Missbrauchs-Täter

Zudem hat der Papst Verantwortliche für Kindesmissbrauch zur Bekehrung aufgerufen. "Jenen, die Kinder missbrauchen, würde ich gerne sagen: Bekehrt Euch, stellt Euch der menschlichen Justiz und bereitet Euch auf die göttliche Gerechtigkeit vor", sagte der Papst vor leitenden Mitarbeitern der römisch-katholischen Kirche, der Römischen Kurie.

Der Heilige Vater versprach in der Sala Clementina des Apostolischen Palastes, dass die Kirche sich voll engagieren werde, damit die Justiz Pädophile bestrafen könne. "Die Kirche wird nie versuchen, solche Fälle versanden zu lassen oder zu unterschätzen", versicherte der Pontifex.

Es sei unbestreitbar, dass einige Kirchenführer in der Vergangenheit "aus menschlicher oder spiritueller Oberflächlichkeit oder Unerfahrenheit" ohne die notwendige Ernsthaftigkeit mit Missbrauchsskandalen umgegangen seien. "Dies darf nie wieder geschehen", meinte der Heilige Vater.

Vom 21. bis 24. Februar 2019 ist eine Tagung zum Schutz von Minderjährigen in der Kirche geplant. "Damit beteuert die Kirche ihren festen Willen, mit all ihrer Kraft den Weg der Bereinigung zu beschreiten", erklärte der Papst. Mithilfe von Experten werde die Kirche darüber beraten, wie man Kinder schützen, Missbrauchsopfer behandeln und neu integrieren sowie die Ausbildung in den Seminaren stärken könne.

Der Papst dankte den Journalisten, die objektiv über Missbrauchsfälle berichten und sich bemühen, "Opfern eine Stimme zu geben". "Die Kirche bittet, nicht zu schweigen, sondern Skandale ans Licht zu bringen. Der größte Skandal ist, die Wahrheit zu verdecken", so der Papst.

Bilanz über Kirchenreform

In seiner Rede zog der Papst positive Bilanz über seine Kirchenreform. "Die Reform wird nie zu Ende gehen, doch es sind viele Schritte vorwärts gemacht worden", sagte der Papst vor der Römischen Kurie.

Als Erfolg bezeichnete Franziskus die größere Transparenz im Wirtschaftsbereich, die Leistungen der vatikanischen Finanzaufsicht AIF sowie der Vatikanbank IOR, und das neue Arbeitsdekret. Es gebe zudem viele weitere Reformen, die weniger sichtbar seien. Als "Freuden", die die Kirche in diesem Jahr erlebt habe, bezeichnete der Papst die Bischofssynode zum Thema Jugend.

Zugleich warnte der Heilige Vater vor Streit und jeglicher Form "spiritueller Verdorbenheit" in der Kirche. Dabei bezog sich der Pontifex ausdrücklich auf die "Untreue" jener Geistlichen, die ihre Berufung und ihre Mission verraten.

Viele Geistlichen würden sich hinter guten Absichten verstecken, um Streit und Spaltungen zu provozieren. "Es handelt sich um Personen, die sogar logische und spirituelle Rechtfertigungen finden, um weiterhin ungestört den Weg der Verdammnis zu beschreiten", meinte der Papst.

Schon in den Vorjahren nutzte Franziskus den Empfang vor Beginn der Weihnachtsfeierlichkeiten im Vatikan, um teils harsche Kritik an den Verwaltungsorganen zu üben. Zudem thematisierte der Argentinier bei vergangenen Weihnachtsansprachen auch immer wieder die mühsame Reform der Römischen Kurie.