An Alarmrufen mangelt es in den Tagen vor Beginn der UN-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz nicht. Wenn Delegierte aus mehr als 190 Staaten in den kommenden beiden Wochen auf dem Gelände eines ehemaligen Bergwerks über Lösungen für die globale Klimakrise brüten, geht es um viel. Die Auswirkungen der Erderwärmung sind bereits in den meisten Teilen der Welt spürbar und die Forschung ist sich weitgehend einig: Beginnen die Treibhausgasemissionen in den nächsten Jahren nicht zu sinken, steuert die Welt bis zum Ende des Jahrhunderts auf eine globale Erwärmung von deutlich mehr als zwei Grad zu.

Die maßgeblichen Treiber für diese Entwicklung, der CO2-Ausstoß durch das Verbrennen fossiler Rohstoffe und das Abholzen der weltweiten Waldflächen, machen keine Anzeichen, nachzulassen. Im Vorjahr sind die globalen Treibhausgasemissionen auf ein neues Rekordhoch gestiegen. Laut dem druckfrischen „Emissions Gap Report“ der UNO wurden 2017 53,5 Gigatonnen CO2-Äquivalente in die Luft geblasen, mehr als jemals zuvor. Die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre ist laut WMO zuletzt auf das Allzeithoch von 405,5 ppm (Teilchen pro Million) geklettert. Vor hundert Jahren lag der Wert noch bei rund 280 ppm. Eisbohrkerne legen dar, dass die Lufthülle des Planeten zumindest in den vergangenen 800.000 Jahren niemals so viel Treibhausgas enthalten hat.

Außergewöhnlich heiße Temperaturen

Die Folge: Es wird unweigerlich wärmer und die Temperaturzunahme verteilt sich um den Globus keineswegs gleichmäßig. Am nördlichen Polarkreis wurden heuer außergewöhnliche Temperaturen von mehr als 30 Grad gemessen, das arktische Eis schrumpfte zuletzt auf ein Viertel des langjährigen Schnitts. Weil offenes Wasser mehr Sonnenenergie absorbiert als Eisflächen, schwindet in der Folge auch der grönländische Eisschild. Heuer ist das dickste Meereis an der Nordküste der Insel erstmals aufgebrochen. Am anderen Ende der Welt verbleichen wegen der Meerestemperaturen die Korallen, der Wasserspiegel steigt um rund drei Millimeter pro Jahr. Überschreitet der mittlere Temperaturzuwachs die Zwei-Grad-Marke, werden weite Teile Nordafrikas wegen Wasserknappheit zur Wüste, wie heuer eine Erhebung französischer Forscher ergeben hat.

Die Zeit läuft davon

Ob sich diese Entwicklungen überhaupt noch stoppen lassen, liegt beim Klimagipfel in der Hand der Verhandler. Noch sind die Chancen intakt, entscheidend sind dafür die kommenden Jahre, wie ein Zwischenbericht des Weltklimarats IPCC Anfang Oktober demonstrierte: Um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen, müssten demnach die weltweiten Emissionen spätestens ab 2020 zu sinken beginnen und in den folgenden zehn Jahren um 45 Prozent fallen.

Gelingt der Kraftakt nicht, bliebe noch die viel zitierte Zwei-Grad-Grenze. Auch dafür, so berechneten die Experten des UN-Umweltprogramms UNEP, müssten die weltweiten Klima-Anstrengungen verdreifacht werden. Bei einer Fortführung der bisherigen Politik würden die jährlichen globalen Emissionen bis 2030 um weitere fünf Gigatonnen steigen, anstatt zu sinken. Und auch die bereits zugesagten Reduktionsziele der einzelnen Staaten genügen nicht, um die Werte bis 2030 nach unten zu drücken.

Das wäre für das Zwei-Grad-Ziel aber unabdingbar, rechnen die Experten vor: Im nächsten Jahrzehnt müssten die Emissionen demnach um ein Viertel sinken. Geschieht das nicht, steuert die Welt bis Ende des Jahrhunderts auf eine Erwärmung von rund 3,2 Grad zu. Die Folgen wären kaum abzusehen.

"Wir müssen Lebensstil ändern"

Forscher Gerfried Jungmeier
Forscher Gerfried Jungmeier © Gernot Eder