Das Arsenal ist ausgereizt: Ohne gezielte Maßnahmen gegen Antibiotikaresistenzen könnten bis 2050 rund 2,4 Millionen Menschen in Europa, Nordamerika und Australien durch multiresistente Bakterien sterben, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervorgeht.
Schon eine einfache Strategie wie eine verbesserte Hygiene, eine mäßige Verschreibung von Antibiotika und Aufklärungskampagnen könnten viele Menschenleben retten. Der Anteil der Antibiotikaresistenzen lag 2015 im OECD-Schnitt bei 17 Prozent. In Österreich lag die Resistenzrate mit neun Prozent deutlich darunter.
Auch insgesamt unterscheiden sich die Resistenzraten unter den Ländern, wie sich bei einem Vergleich mit Daten von nicht in der OECD-Analyse umfassten Staaten zeigte: In der Türkei, Südkorea und Griechenland waren die durchschnittlichen Resistenzraten mit 35 Prozent siebenmal so hoch wie in Island, den Niederlanden und Norwegen mit rund fünf Prozent. In einigen G20-Staaten wie China, Indien und Russland werden sogar mehr als 40 Prozent der Infektionen von Bakterien verursacht, gegen die bestimmte Antibiotika nicht wirken.
Durch ein Paket von Maßnahmen könnten in den von der OECD-Analyse erfassten 33 Ländern - die EU-28 sowie Norwegen, Island, die USA, Kanada und Australien - bis 2050 fast 1,6 Millionen Menschenleben gerettet werden. Dazu zählen unter anderem eine bessere Krankenhaushygiene, die Förderung des Händewaschens, eine zurückhaltende Verschreibung von Antibiotika und Schnelldiagnosetests zur Klärung, ob es sich um eine bakterielle oder Virusinfektion handelt. Denn Antibiotika helfen nur gegen Bakterien.
Reserveantibiotika helfen nicht immer
Dies würde nach OECD-Berechnungen letztlich zu Einsparungen in Höhe von 4,8 Milliarden US-Dollar (4,22 Mrd. Euro) führen - und nur gut zwei Dollar pro Kopf und Jahr kosten. "Gegen bestimmte Antibiotika resistente Bakterien sind für beinahe ein Fünftel aller Infektionen in OECD-Ländern und den 28 Mitgliedstaaten der EU verantwortlich", heißt es in dem Bericht. "Die Resistenz wird weiter zunehmen, wenn wir nicht einschreiten."
Zwar scheint sich der Anstieg von Antibiotikaresistenzen im Schnitt zu verlangsamen. Es gibt laut OECD aber weiter Anlass zur Sorge, weil selbst Reserveantibiotika als letzte Behandlungsoption nicht immer wirken.
Erst am Dienstag hatten Forscher in einer Studie im Fachblatt "The Lancet Infectious Diseases" berichtet, dass 2015 in der EU mehr als 33.000 Menschen an einer Infektion mit resistenten Bakterien starben. Antibiotikaresistente Bakterien seien damit eine ebenso tödliche Gefahr wie die Grippe, Tuberkulose und HIV zusammengenommen.