Nach den neuen gewaltsamen Ausschreitungen in Chemnitz entsenden Polizei und sächsische Landesregierung mehr Beamte in die Stadt. Die Zahl der Polizisten vor Ort werde sich in den kommenden Tagen und Wochen "deutlich erhöhen", sagte Landespolizeipräsident Jürgen Georgie am Dienstag vor Journalisten in Dresden. Vor den bereits angekündigten weiteren Veranstaltungen werde die Situation neu bewertet werden. Genaue Zahlen nannte Georgie allerdings nicht.
Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir hat wegen des in Chemnitz mehrfach gezeigten Hitlergrußes Strafanzeigen gegen Unbekannt gestellt. "Dass die selbst ernannten 'besorgten Bürger' blindlings Nazis hinterherlaufen, ist schlimm genug", sagte Özdemir am Dienstag der "Welt". "Aber dass in Chemnitz nun auch Hetzjagden auf Menschen gemacht und der Hitlergruß vor den Augen von Polizei und ganz offen in die Kamera gezeigt wird, das hat mich entsetzt."
Für "Selbstjustiz" gebe es keine Rechtfertigung. "Diesem Aufkeimen von 'Selbstjustiz' und dieser geschichtsvergessenen Volksverhetzung muss sich die wehrhafte Demokratie entschlossen entgegenstellen und all ihre Rechtsmittel ausschöpfen", fügte Özdemir hinzu. Nur so werde für jeden unmissverständlich klar, wer für die öffentliche Sicherheit zuständig sei: "Der Staat, und zwar ausschließlich der Staat". Özdemir sagte weiter, die Politik - vor allem der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) - müsse sich jetzt einige Fragen gefallen lassen, zum Beispiel warum in der zweiten Demonstrationsnacht nicht ausreichend Beamte nach Chemnitz geschickt worden seien.
Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hat den sächsischen Sicherheitsbehörden nach den Ausschreitungen in Chemnitz Hilfe angeboten. "Sofern von dort angefordert, steht der Bund mit polizeilichen Unterstützungsmaßnahmen zur Verfügung", erklärte Seehofer am Dienstag in Berlin. Die Betroffenheit der Chemnitzer nach der tödlichen Messerattacke sei verständlich.
"Aber ich will auch ganz deutlich sagen, dass dies unter keinen Umständen den Aufruf zu Gewalt oder gewalttätige Ausschreitungen rechtfertigt", ergänzte der CSU-Chef. "Hierfür darf es in unserem Rechtsstaat keinen Platz geben." Sein Mitgefühl gelte den Angehörigen des Opfers der Messerattacke, sagte Seehofer weiter. "Ich bedaure diesen Todesfall zutiefst."