Sex nur mit ausdrücklicher Zustimmung. Beide Partner müssen ihm erkennbar - verbal oder nonverbal - zustimmen. So lautet die Kurzfassung des schwedischen Gesetzes, dass am Sonntag in Kraft getreten ist. Wie das Gesetz genau umgesetzt werden soll, darüber herrscht Unsicherheit. Anwältin Baharak Vazirihat hat deswegen eine App auf den Markt gebracht, die dabei helfen soll. Ihre App „Libra“ ist als Unterstützung für das neue „Einverständnis-Gesetz“ zu Sex und Vergewaltigung gedacht - und erntet jedoch bereits in den ersten Tagen Spott und offizielle Beschwerden.
Und so funktioniert die App: Schweden, die miteinander Sex haben wollen, können sich dort via Internet über ihr Bankkonto per Passwort identifizieren, wie auch bei der Steuererklärung – und dann ihre Einwilligung zum Sex bestätigen. Nach dem Einloggen erhalten die Sexpartner einen Code den sie in ihr Smartphone eingeben müssen, es folgt die vertragliche Zustimmungsfrage für den anvisierten Geschlechtsverkehr, die sie dann mit „Ja“ beantworten können.
Die App greift auf den aktuellen Aufenthaltsort der Sexpartner zu und funktioniert nur, wenn diese sich nahe beieinander aufhalten. So soll vermieden werden, dass sich die Sexpartner vielleicht zu frühzeitig das Einverständnis geben, dann aber am Ort der Begegnung ihre Meinung ändern.
Gesetz in Schweden
Vergewaltigung wird in Schweden mit bis zu sechs Jahren Gefängnis bestraft, bei minderjährigen Opfern sind bis zu zehn Jahre Haft für den Täter möglich. Vergangenes Jahr wurden in Schweden nach offiziellen Angaben mehr als 7.000 Vergewaltigungsfälle gemeldet und damit zehn Prozent mehr als 2016.
Die in den USA losgetretene #MeToo-Debatte über sexuelle Übergriffe wird in Schweden, in dem die Gleichberechtigung von Frauen besonders weit voran gebracht worden ist, in vielen Bereichen geführt. Mehr als 10.000 Frauen in dem skandinavischen Land, darunter Schauspielerinnen, Musikerinnen, Journalistinnen, Juristinnen und Ärztinnen, beteiligten sich an der Kampagne gegen sexuelle Übergriffe. Auch die Schwedische Akademie, die den Literaturnobelpreis vergibt, wurde von einem Missbrauchsskandal erschüttert.
"#MeToo ändert die Verhaltensweisen und die Leute verstehen jetzt, wie verbreitet sexuelle Gewalt ist", erklärte Ida Ostensson von der Stiftung Make Equal, die sich maßgeblich für das neue Vergewaltigungsgesetz eingesetzt hatte. Nun gebe es "endlich eine Gesetzgebung, die die körperliche und sexuelle Integrität schützt". Der schwedische Anwaltsverband sieht die Reform hingegen kritisch.