Mit einem einzigartigen Abwehrverhalten schützen bestimmte Ameisenarten ihre Kolonie: Werden sie von anderen Insekten bedroht, explodieren sie und spritzen dabei ihre Feinde mit einer klebrigen, giftigen Flüssigkeit voll. Österreichische Forscher haben nun im Fachjournal "ZooKeys" eine neue derartige Art von der Insel Borneo beschrieben und ihr den treffenden Namen "Colobopsis explodens" gegeben.

Im Rahmen eines vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) geförderten Projekts unter der Leitung der Mikrobiologin Irina Druzhinina von der Technischen Universität (TU) Wien untersucht ein Team von Entomologen, Botanikern, Mikrobiologen und Chemikern aus dem Naturhistorischen Museum Wien, der TU Wien, des Interuniversitären Departments für Agrarbiotechnologie (IFA) Tulln und der Universität Brunei Darussalam seit 2014 die explodierenden Ameisen. Konkret geht es um eine Gruppe von rund 15 Arten aus der Gattung Colobopsis, die sich durch dieses selbstzerstörerische Abwehrverhalten auszeichnen.

Bisher wurden nur wenige Arten dieser "Colobopsis cylindrica" (Cocy) genannten Gruppe beschrieben, die Bäume in südostasiatischen Regenwäldern bewohnen, sagte Alice Laciny vom Naturhistorischen Museum (NHM) Wien gegenüber der APA. Ziel des Projekts sei es, ein umfassendes Bild der Cocy-Gruppe zu bekommen, also neue Arten zu beschreiben und ihre Ökologie, ihr Verhalten, die chemische Zusammensetzung des Abwehrsekrets sowie die Gemeinschaft von Bakterien und Pilzen (Mikrobiom), die ihren Lebensraum besiedeln, zu entschlüsseln.

Selbstaufopferung

Den Mechanismus der Selbstaufopferung ("Autothysis") in einem sozialen Staat kennt man auch von Termiten, aber auch das Verhalten von Bienen, die mit einem Stich bewusst ihr Leben aufs Spiel setzen, zählt dazu. Bei der neu beschriebenen Art "Colobopsis explodens", die die Wissenschafter als Modellart ausgewählt haben, können Arbeiterinnen bei einem Angriff ihre Körperwand aktiv aufreißen und leuchtend gelbes Sekret aus vergrößerten Drüsen auf den Feind spritzen. Diese lassen sich davon abschrecken oder sterben daran.

"Wir haben recht oft gesehen, dass deutlich größere räuberische Ameisen das Sekret auf den Kopf bekommen und innerhalb von Sekunden tot umfallen - da dürften einige potente Substanzen enthalten sein", sagte Laciny. Die Zusammensetzung des Drüsensekrets wird derzeit entschlüsselt. Man wisse bereits, dass es klebrige, giftige und antimikrobielle Komponenten enthalte und daher nicht nur der Abwehr dienen könnte.

Ausschließlich die Arbeiterinnen würden dieses Verhalten an den Tag legen. Die Wissenschafter konnten in ihrer Arbeit aber auch andere Kasten identifizieren. Dazu zählen die auf passives Abwehrverhalten morphologisch stark spezialisierten "Türschließer". "Die haben verkürzte, verdickte Extremitäten und stark vergrößerte stöpselförmige Köpfe, mit denen sie die Eingänge zu den Nestern gegen Eindringlinge verschließen können", so Laciny.

Gemeinsam mit ihrem Kollegen Alexey Kopchinskiy von der TU Wien konnte Laciny beobachten, wie aus einem Nest einige Königinnen und Männchen zu ihrem Paarungsflug ansetzten, was bisher noch niemand beobachtet hat. "Auch die Männchen dieser gesamten Gruppen waren bisher völlig unbekannt", so die Biologin.