Ihre Schwester habe sich auf dem Loveparade-Gelände an einer Glasscherbe die Hand verletzt, erzählte der 31-jährige Lehrling am Donnerstag stockend und schwer atmend. Auf der Suche nach medizinischer Hilfe sei sie dann mit ihr in das Gedränge geraten.
Eine Kette aus Polizisten habe sie am Verlassen des Areals gehindert. Die Kette sei auseinandergerissen worden und das Gedränge habe zugenommen. Ihre Schwester verlor sie aus den Augen. "Wir wurden von vorne und von hinten gedrückt, wie Sardinen in der Büchse. Ich bekam keine Luft. Man konnte sich nicht bewegen."
Auf Intensivstation aufgewacht
Ein junger Mann habe ihr noch geholfen, ihren Kopf und die Haare hoch gehalten. Beim Versuch, eine Treppe an der Zugangsrampe zu erreichen, sei sie dann aber gestürzt. Menschen hätten auf ihr gelegen. "Links von mir lag ein junges Mädchen und rief: 'Hilf mir, hilf mir.' Aber das ging nicht. Ich konnte mich selbst nicht befreien, weil Menschen auf mir lagen. Es wurde immer schwerer und schwerer. Weiter weiß ich nicht mehr, ich bin dann im Krankenhaus auf der Intensivstation wach geworden", sagte die Duisburgerin.
Ab und zu verspüre sie heute noch "diesen ungeheuren Druck". "Wenn ich etwas Bestimmtes rieche oder viele Menschen sehe, kommt das wieder." Ein Jahr nach der Katastrophe sei sie sieben Wochen lang in einer psychosomatischen Klinik gewesen. Sie habe immer noch Schuldgefühle, weil sie der jungen Frau neben ihr nicht habe helfen können.
Beweisaufnahme gestartet
Mit der Aussage der Zeugin stieg das Gericht am Donnerstag in die Beweisaufnahme ein. Beim Unglück am 24. Juli 2010 in Duisburg waren im Gedränge Zehntausender Menschen am einzigen Zu- und Abgang des Veranstaltungsgeländes 21 Menschen gestorben und mindestens 652 verletzt worden. Wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung sind sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und vier des Veranstalters des Techno-Festivals, Lopavent, angeklagt.