Die Urteilsverkündung des UNO-Kriegsverbrechertribunals in Den Haag gegen sechs bosnische Kroaten ist nach einem Zwischenfall unterbrochen worden. Einer der Angeklagten habe Gift genommen, sagte seine Verteidigerin am Mittwoch. Zuvor hatte der Mann gegen den Schuldspruch protestiert und etwas eingenommen.
Vor der Unterbrechung der Sitzung hatte das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien bereits drei Kroaten rechtskräftig zu insgesamt 65 Jahren verurteilt. Kurz danach erklärte Slobodan Praljak, der Drittangeklagte, Gift eingenommen zu haben. Praljak, früherer Befehlshaber des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO) in Herceg Bosna, erhielt rechtskräftig 20 Jahre Haft.
Bestätigt wurden auch die Haftstrafen aus der ersten Instanz für den früheren Regierungschef der selbst proklamierten Kroatischen Republik, Jadranko Prlic - 25 Jahre, und den früheren Innenminister Bruno Stojic - 20 Jahre. Das rechtskräftige Urteil für weitere drei Angeklagte soll nachträglich erfolgen.
Das Haager Gericht hat in der Berufung die Teilnahme aller sechs Angeklagten an einem gemeinsamen verbrecherischen Vorhaben unter Führung des damaligen Präsidenten Kroatiens Franjo Tudjman bestätigt. Dieses zielte laut dem rechtskräftigen Urteil auf den Anschluss des Gebietes der damals selbstproklamierten Herceg Bosna unter Kontrolle der bosnisch-kroatischen Truppen an Kroatien ab. Tudjman selbst war vom UNO-Tribunal nie angeklagt worden.