Am Metallzaun, der das militärische Sperrgebiet von der Außenwelt trennt, sammeln sich täglich neue handgeschriebene Plakate und Briefe mit herzzerreißenden Nachrichten: "Bleib stark Papa, deine Familie wartet auf dich", heißt es da etwa.
44 argentinische U-Boot-Soldaten sind seit vergangenem Mittwoch verschollen. Irgendwo im Südatlantik. Seitdem gab es kein Lebenszeichen mehr von ihnen. Trotz Rückschlägen bei der Suche nach den Vermissten blieb die Stimmung an dem Stützpunkt rund 400 Kilometer südlich von Buenos Aires bisher vage optimistisch. Trotz der herrschenden Unsicherheit seien die Menschen bisher "recht stabil" geblieben, sagt der Psychotherapeut Enrique Stein. Stein gehört einer psychologischen und medizinischen Betreuungseinheit an, die den Angehörigen bei Bedarf rund um die Uhr hilft.
Es ist eine emotionale Achterbahnfahrt: Am Sonntag gab es einen kurzen Hoffnungsschimmer, als Rettungsschiffe Klopfgeräusche vernahmen, die zunächst für ein mögliches Lebenszeichen der U-Boot-Besatzung gehalten wurden. Dann am Montag der Rückschlag: Marinesprecher Enrique Balbi teilte mit, dass die Geräusche womöglich von einem Unterwasserlebewesen stammten. Keine Spur von dem U-Boot.
Dennoch bestehe immer noch "sehr viel Hoffnung", sagt Stein. Doch die Angst wachse. "Das beste Beruhigungsmittel sind genaue Informationen", fügt er hinzu. Die Suche nach der "ARA San Juan" läuft bereits seit vergangener Woche Donnerstag auf Hochtouren und wird mittlerweile durch internationale Einsatzkräfte aus sieben Staaten unterstützt, darunter Brasilien, Großbritannien und die USA.
Der Einsatz wurde jedoch tagelang durch starke Winde und bis zu sieben Meter hohe Wellen in dem Seegebiet erschwert. Die internationalen Rettungskräfte schickten unter anderem Schiffe, unbemannte Mini-U-Boote und Flugzeuge auf die Suche in den tosenden Fluten. Die US-Raumfahrtbehörde NASA entsendete ein Suchflugzeug.
Nachdem tagelang über die Ursache des Verschwindens gerätselt wurde, berichtete die Marine nun, dass das Diesel-Elektro-Boot kurz vor seinem Verschwinden einen Maschinenschaden gemeldet habe. Das 65 Meter lange U-Boot lief bereits 1983 vom Stapel der deutschen Werft Thyssen Nordseewerke, die mittlerweile geschlossen wurden. 2007 und 2014 wurde das Unterwasserboot der Klasse TR-1700 vollständig überholt und für weitere 30 Jahre einsatzbereit gemacht. Zuletzt war es auf dem Rückweg von einem Routinefahrt nach Ushuaia ganz im Süden des Landes.
Die meisten der vermissten Besatzungsmitglieder leben in der Nähe von Mar del Plata. Fast 100 ihrer Angehörigen werden seit Donnerstag auf der Marinebasis betreut. Sie setzen auf die Fähigkeiten ihrer Verwandten an Bord. Sein Sohn habe sich bewusst für diesen Beruf entschieden und sei stolz darauf, sagt Jorge Villarreal. "Er macht seine Arbeit mit viel Professionalität. Er kennt jeden Winkel der Unterwasserwelt."
Für Zuversicht sorgte auch ein Besuch des argentinischen Präsidenten Mauricio Macri, der am Montag die Marinebasis besuchte, um den Angehörigen seine Unterstützung zu zeigen. Und auch der aus Argentinien stammende Papst Franziskus sagte, er bete für die Sicherheit der Besatzung. Zu ihr gehört auch die erste U-Boot-Offizierin Argentiniens und ganz Südamerikas, die 35-jährige Eliana Krawczyk.
Es sind Mütter und Väter, Töchter und Söhne, die in Mar del Plata weiter auf ein Lebenszeichen ihrer Liebsten hoffen. Aber auch Außenstehende besuchen den Stützpunkt, um an seinen Zäunen Botschaften für die Seeleute zu hinterlassen. "Unsere Herzen haben aufgehört zu schlagen, bis ihr wieder zuhause seid", steht auf einem Banner geschrieben. Es sind wohl auch solche bewegenden und aufrichtigen Nachrichten der Anteilnahme am Schicksal ihrer Liebsten, die die Familien die Hoffnung nicht aufgeben lassen.