Der Fall Oscar Pistorius hat am Freitag in Bloemfontein das Oberste Berufungsgericht Südafrikas beschäftigt: Die Staatsanwaltschaft wirft dem früheren Spitzensportler vor, seit den tödlichen Schüssen auf seine Freundin viel Selbstmitleid, aber keine wirkliche Reue gezeigt zu haben, und will ein höheres Strafausmaß als die gegen ihn verhängten sechs Jahren Haft wegen Totschlags erwirken.
Das Strafausmaß sei angesichts der üblichen Mindeststrafe von 15 Jahren viel zu gering, erklärte Staatsanwältin Andrea Johnson. Der unterschenkelamputierte Pistorius hatte seine Freundin, das Model Reeva Steenkamp, am Valentinstag 2013 in seinem Haus mit vier Schüssen durch eine Toilettentür getötet. Er beteuerte, einen Einbrecher hinter der Tür vermutet zu haben. Das Verbrechen hatte weltweit für Aufsehen gesorgt. Steenkamps Mutter June verfolgte die Verhandlung am Freitag, der inhaftierte Pistorius war nicht zugegen.
Staatsanwältin Johnson zufolge hat der im Gebrauch von Feuerwaffen trainierte Pistorius bis heute keine schlüssige Erklärung dafür geliefert, wieso er ohne jegliche Warnung vier Schüsse abfeuerte. Pistorius habe vor Gericht um Entschuldigung gebeten, er habe sich jedoch nie zu dem Verbrechen bekannt. "Viele Angeklagte bedauern ihre Taten ... aber das entspricht nicht wirklicher Reue", sagte Johnson - bei der Bemessung des Strafmaßes im Juli 2016 hätten ihm daher keine mildernden Umstände zuerkannt werden sollen.