Zehn Jahre nach dem Mord an der Austauschstudentin Meredith Kercher im italienischen Perugia hat die vor Gericht freigesprochene US-Amerikanerin Amanda Knox der Britin gedacht. In einem vom US-Magazin "Westside Seattle" veröffentlichten Beitrag erklärte sich Knox "dankbar" für die "glückliche Zeit", die sie mit Kercher in Perugia verbringen konnte.

Knox sagte, sie habe das "Recht", um Meredith trauern zu dürfen. Ihrer Ansicht nach ist Kercher von einem "Dieb" vergewaltigt und getötet worden, der in ihre Wohnung eingedrungen sei. Die Erinnerungen an die schöne Zeit gemeinsam in Perugia seien von den schrecklichen Fotos der Obduktion, von den Beleidigungen und den Morddrohungen, die sie erhalten habe und immer noch erhalte, überschattet.

"Sie fehlt mir"

"Es deprimiert mich, zu wissen, dass alles was ich über Meredith sage, oder nicht sage, kritisiert wird. Es deprimiert mich noch mehr, dass Meredith heute nicht hier ist, während sie es verdient hätte, hier zu sein. Sie fehlt mir und ich bin dankbar für die Erinnerung an die glücklichen Momente, die wir zusammen verbracht haben", schrieb die 30-jährige Knox.

Das Oberste Gericht in Rom, die dritte und letzte Instanz im italienischen Strafsystem, hatte im März 2015 das im Jänner 2014 gefällte Urteil eines Berufungsgerichts in Florenz gekippt, mit dem Knox zu 28 Jahren und ihr Ex-Freund Raffaele Sollecito zu 25 Jahren Haft verurteilt worden waren. Damit ging der fünfte Prozess im Fall der britischen Austauschstudentin Kercher zu Ende, der international für Aufsehen gesorgt hatte.

Einziger Verurteilter

Der einzige Verurteilte im Mord an der britischen Austauschstudentin ist der gebürtige Ivorer Rudy Guede, der als Adoptivsohn eines italienischen Paares seit seinem sechsten Lebensjahr in der mittelitalienischen Stadt Perugia gelebt hatte. Er war am 28. Oktober 2008 nach einem Schnellverfahren wegen Mordes an Meredith Kercher zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Nach der Berufung wurde das Strafmaß auf 16 Jahre reduziert.

Die Richter urteilten, dass er die junge Britin bei einem entarteten Sexspiel mit Komplizen mit Dutzenden Messerstichen in Perugia ermordet habe. Den Ermittlern zufolge wiesen die Stichverletzungen stark darauf hin, dass es mehr als einen Täter gab. Nach dem Freispruch von Knox und Sollecito müsse der Fall wieder aufgerollt werden, verlangte Guede.

Schwester frustriert

Kerchers Schwester Stephanie zeigte sich in einem am Mittwoch veröffentlichten Brief vom italienischen Justizsystem enttäuscht, das sich öfters widersprochen und keine weiteren Ermittlungen im Fall geführt habe. "Wenn Guede nicht allein gehandelt hat, warum wird nicht weiter ermittelt", fragte Stephanie Kercher.