Der Schädling setzt den Fischbeständen in den Flüssen Europas und der USA zu. Für Menschen ist der Erreger ungefährlich, von Fisch zu Fisch über einen zweiten Wirt kann er sich jedoch leicht weiterverbreiten und ganze Bestände auslöschen, schrieb die ETH Lausanne (EPFL) in einer Aussendung. In der Schweiz sind beispielsweise Regenbogenforelle, Bachforelle und Saibling betroffen. Der Parasit ist auch in österreichischen Fließgewässern präsent. Die Bachforellen sind besonders betroffen und werden in vielen heimischen Gewässern höchstwahrscheinlich deswegen weniger.
Mansour El-Matbouli, seit 2009 Leiter der Klinischen Abteilung für Fischmedizin der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmed) Wien, hat aufgrund der Problematik gegenwärtig drei Projekte am Laufen, von denen eines in Kooperation mit der BOKU vom Klima- und Energiefonds unterstützt wird. Seit 2015 werden zudem mehrere Monitoring-Studien in den österreichischen Flüssen durchgeführt, sagte der Experte.
Gemeinsam mit Kollegen von der Forschungsanstalt Eawag und der Universität Bern haben EPFL-Wissenschafter drei Jahre lang den Fluss Wigger in den Kantonen Luzern und Aargau untersucht. Anhand der Daten konnten sie ein mathematische Modell entwickeln, um die Verbreitung des Parasiten zu modellieren und Ausbrüche vorherzusagen. Davon berichteten sie kürzlich im Fachblatt "PNAS".
Erreger braucht Moostierchen
Für das Modell mussten die Wissenschafter den Lebenszyklus des Parasiten berücksichtigen: Zunächst befällt der Erreger nämlich sogenannte Moostierchen (Bryozoa), die an Steinen im Flussbett haften. In Form von Sporen gelangt der Parasit dann ins offene Wasser und dringt über die Kiemen der Fische in deren Schleimhäute ein, bevor es ihre Nieren befällt.
Über den Harn gelangen - mittlerweile mutierte - Sporen wiederum ins Wasser und infizieren Moostierchen. Der Erreger braucht somit sowohl Moostierchen als auch Fische für seinen Lebenszyklus.
Eine weitere Stufe der Komplexität: In kühlem Wasser ruft der Parasit kaum Symptome hervor. Bleibt die Wassertemperatur jedoch mehrere Wochen über 15 Grad Celsius, wird die Krankheit tödlich für die Fische. Infizierte Tiere, die überleben, scheiden noch über lange Zeit Sporen aus. All das mussten die Forschenden berücksichtigen.
Für das Modell sammelten sie von mehreren Abschnitten der Wigger Proben von Fischen, maßen die Konzentration von Moostierchen- und Parasiten-DNA im Wasser, um deren Verbreitung abzuschätzen, und berechneten hydrologische und geomorphologische Variablen, wie Studienautor Luca Carraro von der EPFL erklärte. Dabei stellte sich beispielsweise heraus, dass der Parasit besonders in Moränen gedeiht, wo er vor Strömungen geschützt ist.
Ihre eigenen Daten kombinierten die Wissenschafter zudem mit zahlreichen weiteren, zum Beispiel um den Klimawandel und die Wassertemperaturen zu berücksichtigen. Zwar lässt sich die Fischkrankheit derzeit nicht wirksam bekämpfen, jedoch könnten Vorhersagen mit dem Modell bei Umweltmanagemententscheiden helfen, hoffen die Forschenden.
Zudem ließe sich das Modell mit Anpassungen auch auf andere Bereiche anwenden, wie um die Verbreitung invasiver Arten oder das Verschwinden einheimischer Arten vorherzusagen, schrieb die EPFL.