Nach dem Geständnis eines früheren Polizisten auf dem Sterbebett könnte die blutigste Mordserie in Belgien nach mehr als 30 Jahren womöglich endlich aufgeklärt werden. In den Jahren 1982 bis 1985 hatte eine Bande im Großraum Brüssel in der Provinz Brabant auf Supermarkt-Parkplätzen insgesamt 28 Menschen getötet und mehr als 20 verletzt.
Die Angreifer, die als "Killerbande von Brabant" bekannt wurden, konnten bis heute nicht gefasst werden. Wie am Montag aus Justizkreisen verlautete, sagte allerdings vor ein paar Monaten der Bruder eines Ex-Polizisten aus, dieser habe ihm 2015 auf dem Sterbebett anvertraut, dass er der Anführer der Bande gewesen sei. Der Generalstaatsanwalt der südbelgischen Stadt Mons, Ignacio de la Serna, berichtete, die offizielle Erklärung des Bruders gegenüber der Polizei werde "sehr ernst" genommen. Es gebe nun einen "großen Schub, nach diesen Enthüllungen voranzukommen".
Die Tochter eines der 28 Todesopfer, Patricia Finne, sprach gegenüber belgischen Medien von "der ersten wirklich ernsthaften Enthüllung seit 30 Jahren". "Ich hoffe sehr, dass das zur Enttarnung des Restes der Bande führen wird, ob sie nun tot sind oder lebendig."
Verschwörungstheorien
Die ungewöhnliche Professionalität und Brutalität bei der Ausführung der Verbrechen führte dazu, dass sich in der belgischen Öffentlichkeit mehrere Theorien über die Hintergründe der Taten verbreiteten. Eine davon war, dass Polizisten die Bande anführen. Ein Teil der sichergestellten Waffen stammte wirklich aus einem Waffendepot der Polizei, sie waren daraus gestohlen worden. Es wurde auch gemunkelt, dass Mitglieder aus höchsten Politikerkreisen zumindest als Hintermänner beteiligt sein dürften, um den belgischen Staat so zu unterwandern.
Serie von Straftaten
Die Killerbande von Brabant hatte zwischen 14. August 1982 und 9. November 1985 insgesamt 14 brutale Raubüberfälle auf Supermärkte, Waffegeschäfte, Juwelier und ein Hotel in der Region Brabant verübt. Einmal kam es danach zu einer Schießerei mit der belgischen Reichswacht, einmal zu einem Feuergefecht mit der Polizei. Die Zahl der Opfer wurde von Tat zu Tat größer.
Beim letzten Überfall, einem Angriff auf einen Supermarkt in Aalst, gab es acht Tote und neun Verletzte. Danach hörte die Serie schlagartig auf. Die Ermittler vermuten, dass einer der drei Bandenchefs, die die Taten mit wechselnden Mittätern verübten, dabei selbst verletzt oder gar getötet worden sein könnte.
Der letzte Tatort ist übrigens der Heimatort jenes ehemaligen Polizisten, der die Taten am Sterbebett gestanden haben soll.
Schwierige Ermittlungen
Eine Kommission, die bereits 1983 Nachforschungen über die Vorfälle aufnahm und diese nach drei Monaten einstellte, wurde 1985 erneut beauftragt, die Fälle aufzuklären. Doch der Hauptverdächtige wurde kurz vor seiner Einvernahme erschossen.
Die Polizei nahm die Ermittlungen 2004 erneut auf, nachdem in dem Wald Bois de la Houssière einige verlassene Waffen, Edelsteine und Kleidungsstücke gefunden worden waren. Es handelte sich um denselben Wald, in dem 1985 die drei Hauptverdächtigen zum letzten Mal gesehen worden waren.
Im Juli 2013 diskutierte die Justizkommission der Abgeordnetenkammer die Ermittlungen. Nach belgischen Recht verjährten die Verbrechen am 10. November 2015, eine weitere Strafverfolgung ist nicht mehr möglich. Dennoch treiben Politik und Justiz die Ermittlungen nach Bekanntwerden des Geständnisses jetzt wieder voran.