Der chilenische Schriftsteller Pablo Neruda ist nach Einschätzung internationaler Experten nicht wie von der Militärjunta seinerzeit behauptet an Krebs gestorben. Diese Erklärung für den Tod des Literaturnobelpreisträgers im Jahr 1973 könne "mit hundertprozentiger Gewissheit" ausgeschlossen werden, sagte der Wissenschafter Aurelio Luna am Freitag in Santiago de Chile.
Das 16-köpfige Gremium von Fachleuten aus Kanada, Chile, Spanien, Dänemark und den USA konnte jedoch zunächst keine weiteren Erkenntnisse über die wahre Todesursache gewinnen - was erneut die Frage aufwirft, ob der Dichter und Gegner des Militärmachthabers Augusto Pinochet 1973 womöglich ermordet wurde.
Zwölf Tage nach Putsch verstorben
Neruda, ein Freund des sozialistischen Präsidenten Salvador Allende, war am 23. September 1973, zwölf Tage nach dem Militärputsch Pinochets, im Alter von 69 Jahren gestorben. Die offizielle, von der Junta herausgegebene Sterbeurkunde gab Prostatakrebs als Todesursache an.
Die Familie des Schriftstellers geht davon aus, dass Neruda vergiftet wurde. 2013 hatte sein Chauffeur Manuel Araya seinerseits berichtet, Neruda sei nach einer mysteriösen Injektion am Vorabend seiner geplanten Ausreise nach Mexiko gestorben. Neruda wollte nach Mexiko ins Exil gehen, um sich dort in der Opposition gegen Pinochet zu engagieren.
Um die Todesursache zu klären, hatte die chilenische Justiz 2013 die Exhumierung von Nerudas Überresten angeordnet. Das 16-köpfige Experten-Gremium, das am Freitag seine Ergebnisse präsentierte, hatte die über Jahre gesammelten Gerichtsakten und medizinischen Befunde analysiert. Der von den Behörden damals diagnostizierte Krebstod habe "nichts mit der Realität zu tun", erklärte Luna nun. Die Fachleute seien bei ihren Recherchen überdies auf bisher nicht entdeckte Bakterien gestoßen, die nun in Labors in Dänemark und Kanada untersucht würden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen dürften neue Erkenntnisse über die wahre Todesursache Nerudas bringen, sagte Luna.