Dominica, eine kleine Insel in der Karibik, bekam zu Wochenbeginn als eine der ersten die volle Wucht des Hurrikans "Maria" zu spüren. "Es war brutal. Wir haben noch nie eine solche Zerstörung gesehen", sagte Regierungschef Roosevelt Skerrit in einem TV-Interview.
Die bisherige Bilanz von mindestens 15 Toten dürfte nur vorläufig sein. Denn immer noch gebe es keine Verbindung zu einigen direkt von "Maria" verwüsteten Orten an der Ostküste der ehemaligen britischen Kolonie.
"Jedes Dorf in Dominica, jede Straße, jede Ritze, jede Person wurde vom Hurrikan getroffen", sagte Skerrit. "Wir haben kein fließend Wasser, wir haben keinen Strom, und die Telefonverbindungen funktionieren nur begrenzt."
"Dem Erdboden gleichgemacht"
Skerrit selbst hatte den Hurrikan der höchsten Stufe 5 am eigenen Leib zu spüren bekommen. Er überlebte nach eigenen Angaben in seinem Haus, Schutz unter einer Matratze suchend, als "Maria" mit Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 250 Stundenkilometern das Dach des Gebäudes wegriss und Hochwasser eindrang. "Mein Dach ist weg. Ich bin der Gnade des Hurrikans ausgeliefert. Mein Haus wird überschwemmt", schrieb er am Montagabend (Ortszeit) auf Facebook. Kurz darauf wurde der Regierungschef in Sicherheit gebracht. "Ich bin gerettet worden", schrieb er anschließend.
Im Sender ABS schilderte Skerrit nun, wie sich einige Einwohner Dominicas in Küchenschränke quetschten, um zu überleben. Viele Gebäude und Schulen seien dem Erdboden gleichgemacht. Das größte Krankenhaus der Insel habe keinen Strom, weil der Notfall-Generator unter Wasser stehe. Das Personal dort arbeite seit vier Tagen ununterbrochen.
Skerrit befürchtet zudem, dass die Zahl der Toten noch steigen wird. Straßen zu einigen schlimm getroffenen Orten an der Ostküste seien durch Sturmschäden blockiert. Nur per Boot und Flugzeug könne man sich annähern. Was er auf einem Flug über die betroffenen Gebiete gesehen habe, erscheine eine "fast komplette Zerstörung", sagte er.
"Maria" fordert Todesopfer und Zerstörung
Auch in Haiti sind nach offiziellen Angaben mindestens drei Menschen ums Leben gekommen. Das Innenministerium der Karibikinsel teilte am Donnerstag (Ortszeit) mit, ein Mensch sei von einem Blitz erschlagen worden, zwei weitere ertrunken.
Der Hurrikan der Kategorie 3 zog am Donnerstagabend etwa 130 Kilometer nördlich der Dominikanischen Republik in Richtung der britischen Turks- und Caicosinseln. Insgesamt kamen damit in der Karibik mindestens 21 Menschen durch den Wirbelsturm ums Leben, davon 15 auf der kleinen Insel Dominica.
Allein auf Puerto Rico seien 15 Menschen gestorben, berichtete die Lokalzeitung "El Nuevo Dia" am Donnerstagabend (Ortszeit). Viele von ihnen seien in der komplett überfluteten Region Toa Baja ertrunken. Mehr als 4000 Menschen hätten aus dem betroffenen Gebiet gerettet werden können.
"Maria" hat eine Spur der Verwüstung in der Karibik gezogen. Neben dem US-Territorium Puerto Rico, das US-Präsident Donald Trump als "völlig zerstört" bezeichnete, traf der Wirbelsturm die Inseln Dominica und Guadeloupe besonders hart.
Die britischen Turks- und Caicosinseln erwarteten das Auge des Sturms für den frühen Freitagmorgen (Ortszeit). Danach sollte "Maria" auf die südlichen Inseln der Bahamas zuhalten. Nach derzeitigen Berechnungen des US-Hurrikanzentrums zieht "Maria" am Samstag in der Früh (Ortszeit) aufs offene Meer nordöstlich der Bahamas hinaus.
Experten warnten aber davor, dass Ausläufer des Hurrikans am Freitag auf die südöstliche Küste der Vereinigten Staaten treffen könnten. Demnach könnten die Wellen in den kommenden Tagen lebensgefährliche Strömungen an der Küste verursachen, auch wenn "Maria" selbst nicht aufs Festland treffe.
Zuvor hatte der Hurrikan im US-Außengebiet Puerto Rico und auf der benachbarten Dominikanische Republik heftige Überschwemmungen verursacht und schwere Schäden hinterlassen. Auf der Dominikanischen Republik berief Staatspräsident Danilo Medino eine Krisensitzung ein, rund 350.000 Menschen waren ohne Strom. "Maria" erreichte hier Windgeschwindigkeiten von rund 195 Stundenkilometern.
In Puerto Rico fiel für die rund 3,4 Millionen Einwohner der Strom aus. Auch das Kommunikationsnetz brach vielerorts zusammen, weshalb die Informationslage schwierig war. Viele Gegenden waren komplett abgeschnitten. Eine Hoffnung war, dass der Flughafen in Puerto Rico wieder den Betrieb aufnimmt, damit US-Hilfsflüge die Insel ansteuern können. US-Präsident Donald Trump rief den Katastrophennotstand aus und kündigte seinen Besuch auf der Insel an.
Hilfsmaßnahmen dringend benötigt
Mit Ausrufung des Katastrophenzustandes bekommt das US-Außengebiet, das eine hohe Armutsrate aufweist, Geld aus Washington. Dazu zählen Hilfen für Notunterkünfte und Hausreparaturen. Trump sagte in New York, Puerto Rico sei "vollkommen ausradiert" und von Winden getroffen worden, die die Insel noch nie zuvor erlebt habe. Die USA würden den Wiederaufbau Puerto Ricos mit großem Enthusiasmus angehen.
Bisher ist Puerto Rico ein assoziierter Freistaat. Per Referendum hatte die von der Pleite bedrohte Insel beschlossen, dass man der 51. Bundesstaat der USA werden möchte. Dieser Wunsch muss aber vom amerikanischen Kongress gebilligt werden. Puerto Rico ist mit 9.000 Quadratkilometern so groß wie Zypern. Bisher starben durch den Hurrikan auf den Karibikinseln Dominica, Guadalupe und Puerto Rico mindestens 18 Menschen. Rund 20 Menschen werden noch vermisst.