André E. muss als mutmaßlicher Unterstützer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Untersuchungshaft. Das Münchner Oberlandesgericht erließ am Mittwoch Haftbefehl gegen den 38-Jährigen, dem die deutsche Bundesanwaltschaft im NSU-Prozess Beihilfe zum versuchten Mord vorwirft. Das teilte das Gericht nach mehrstündigen nicht-öffentlichen Beratungen mit.
E. galt bis zuletzt als einer der engsten Vertrauten des NSU und der mutmaßlichen Rechtsterroristin Beate Zschäpe. Am Dienstag hatte Bundesanwalt Herbert Diemer nun eine überraschend hohe Haftstrafe von zwölf Jahren für E. gefordert und die sofortige Untersuchungshaft beantragt. E. saß in den vergangenen Jahren, anders als die Hauptangeklagte Zschäpe und der mutmaßliche Terrorhelfer Ralf Wohlleben, nicht in U-Haft.
Nebenklageanwalt will bis zum EGMR gehen
"Dieses Verfahren wird keinen Rechtsfrieden stiften", sagte Mehmet Daimagüler der "Passauer Neuen Presse" vom Mittwoch. Wenn das Urteil gefallen sei, würden sie sicher auch zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen. "Ziel muss sein, die offenen Fragen weiter zu untersuchen", begründete der Anwalt diese Ankündigung. Seine Mandanten seien unzufrieden, "weil Antworten auf wichtige Fragen blockiert wurden". Es gehe etwa darum, wie groß der NSU wirklich sei und welche Rolle die Verfassungsschutzbehörden gespielt hätten. Viele Fragen seien nicht gestellt worden oder unbeantwortet geblieben.
Daimagüler machte dafür vor allem die deutsche Bundesanwaltschaft verantwortlich. "Der Staat will einen Schlussstrich und die Akten schließen", sagte der Anwalt. Alle heiklen Fragen seien ausgeblendet worden. Die Herstellung des Rechtsfriedens sei aber die vornehmste Aufgabe eines Strafverfahrens. Es könne jedoch keinen Frieden geben, "wenn der Staat Aufklärung verhindert".
Die deutsche Bundesanwaltschaft hatte am Dienstag für Beate Zschäpe mit einer lebenslänglichen Haftstrafe, der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld und der Anordnung einer Sicherungsverwahrung die schärfste in Deutschland mögliche Strafe gefordert. Für die mitangeklagten mutmaßlichen NSU-Helfer Ralf Wohlleben und André E. forderte sie wegen Beihilfe zum Mord jeweils zwölf Jahre Haft. Zudem beantragte die deutsche Bundesanwaltschaft einen Haftbefehl gegen E. über den das Gericht am Mittwoch entscheiden will.
Gericht setzt weiteren Angeklagten fest
Im NSU-Prozess ist überraschend ein weiterer der insgesamt fünf Angeklagten vorläufig festgesetzt worden. Das Oberlandesgericht München ordnete in der Verhandlung am Dienstag an, den als mutmaßlichen Unterstützer der rechtsextremen NSU angeklagten Andre E. in Gewahrsam zu nehmen.
Der Senat wolle am Mittwoch über einen Antrag der deutschen Bundesanwaltschaft auf Untersuchungshaft entscheiden, sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl.
Die Bundesanwaltschaft hatte zuvor in ihrem Plädoyer für E. eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren gefordert. Das Gericht sah aufgrund dieser - für viele unerwartet hohen - Strafforderung nun eine Fluchtgefahr. Mit einem Urteil wird frühestens in einigen Wochen nach den Plädoyers der Nebenkläger und Verteidiger gerechnet.
Von den fünf Angeklagten sitzen bisher lediglich die mutmaßliche Haupttäterin Beate Zschäpe und der mutmaßliche NSU-Helfer Ralf Wohlleben in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft forderte in ihrem Plädoyer am Dienstag für Zschäpe eine lebenslange Freiheitsstrafe und für die vier übrigen Angeklagten Haftstrafen von drei bis zwölf Jahren.
Zwölf Jahre Haft für Neonazi André E. gefordert
Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München hat die Bundesanwaltschaft für den mutmaßlichen NSU-Helfer André E. eine Strafe von zwölf Jahren Haft gefordert. E. habe sich fünf Unterstützungshandlungen schuldig gemacht, von denen drei Fälle sehr schwer wögen, begründete Bundesanwalt Herbert Diemer am Dienstag die überraschend hohe Strafforderung gegen den Neonazi.
Gleichzeitig beantragte die Anklage, wegen der drohenden hohen Strafe Haftbefehl gegen E. zu erlassen. Mit seiner Inhaftierung solle eine drohende Flucht verhindert werden, hieß es zur Begründung.
E. soll damit nach der Forderung der Anklagebehörde genauso lange ins Gefängnis wie der mutmaßliche NSU-Helfer Ralf Wohlleben. Wohlleben wird das Beschaffen der Ceska-Pistole vorgeworfen, mit dem der NSU neun Migranten ermordet haben soll. "Im Ergebnis" seien die Tatbeiträge von Wohlleben und E. vergleichbar, sagte Diemer.
E. sei für das im Untergrund lebende NSU-Trio aus Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe "ein verlässlicher Anker" gewesen. "Auf ihn war unbedingter Verlass." Für den ebenfalls als NSU-Helfer angeklagten Holger G. forderte die Bundesanwaltschaft fünf Jahre Haft, für den mutmaßlichen Helfer Carsten S. drei Jahre Jugendhaft.