Papst Franziskus hat im Alter von 42 Jahren sechs Monate lang eine jüdische Psychoanalytikerin besucht. Dies enthüllte der Pontifex im Gespräch mit dem französischen Soziologen Dominique Wolton, der jetzt ein Buch mit dem Titel "Politique und Societe" (Verlag L ́Observatoire) veröffentlichte.
Sechs Monate lang im Zeitraum 1978-1979 besuchte der Papst wöchentlich die Psychoanalytikerin in deren Wohnung. "Sie war eine sehr gute Person. Sechs Monate lang hat sie mir sehr geholfen", berichtete der Papst laut der italienischen Tageszeitung "La Stampa" (Freitagsausgabe). Jorge Mario Bergoglio stand damals vor Beginn seiner Zeit als Rektors des Collegio Maximo, in dem junge Studenten ausgebildet wurden, die dem Jesuitenorden beitreten wollten. Wegen welcher Probleme er beschlossen hatte, die Psychoanalytikerin aufzusuchen, enthüllte der Papst nicht.
Kurz vor ihrem Tod ließ die Psychoanalytikerin den künftigen Papst zu sich rufen. "Sie wollte keine Sakramente, denn sie war Jüdin. Sie hatte mich für einen spirituellen Dialog gerufen", berichtete Bergoglio.
Zwölf Treffen mit dem Papst
Zwölf Mal flog Wolton in Begleitung eines Priesters, der als Dolmetscher diente, zum Papst im Vatikan, um ihn zu interviewen. Franziskus schätze Wolton wegen eines Werks zu Ehren des französischen Kardinals Jean-Marie Lustiger, hieß es in italienischen Medien. Im Gespräch mit dem Franzosen vertiefte der Heilige Vater Themen wie Islam, aktuelle Politik und seine Zukunftsvisionen.
Film "Habemus Papam"
Die Besuche Franziskus' bei der Psychoanalytikerin erinnern an den Film "Habemus Papam" des italienischen Regisseurs Nanni Moretti. Im Streifen aus dem Jahr 2011 übernimmt Moretti die Rolle eines streng atheistischen Psychiaters, der vom Rat der Kardinäle zur Behandlung des Papstes in den Vatikan berufen wird. Den depressiven Papst, der sich seinen Aufgaben nicht gewachsen fühlt, spielt mit Bravour der 85-jährige französische Schauspieler Michel Piccoli.