Auch knapp eine Woche nach Beginn der Überschwemmungskatastrophe von Texas sind die Einsatzkräfte weiter mit dramatischen Szenen konfrontiert. Am Donnerstag halfen Militärhubschrauber bei der Evakuierung eines Krankenhauses in der überfluteten Stadt Beaumont. Sorge lösten auch Explosionen in einer Chemiefabrik aus. US-Vizepräsident Mike Pence versprach bei einem Besuch in der Unglücksregion langfristige Hilfe beim Wiederaufbau. Präsident Donald Trump will eine Million Dollar aus seinem Privatvermögen spenden.
Die Leitung des Krankenhauses in Beaumont erklärte, wegen des Zusammenbruchs der Wasserversorgung in der Stadt müsse die Einrichtung evakuiert werden. Mit Black-Hawk-Hubschraubern der Armee und Rettungshubschraubern wurden zunächst Patienten der Intensivstation abtransportiert. Mehrere Patienten waren angesichts des ansteigenden Wassers bereits auf das Dach des Krankenhauses geflohen und wurden nach Angaben einer Sprecherin ebenfalls von den Hubschaubern gerettet.
Tausende Helfer bargen Menschen
Insgesamt waren tausende Helfer weiter mit der Bergung von Menschen beschäftigt, darunter in der Stadt Orange an der Grenze zu Louisiana. Dort galt eine Evakuierungsanordnung, der manche Bewohner jedoch nicht Folge leisteten. "Wir dachten, es wäre okay, aber wir haben uns geirrt", sagte Lonnie Givens, der schließlich mit seiner Frau Missy in einem überschwemmten Haus ohne Strom zurückblieb. Das Ehepaar brachte sich auf seinem Pickup-Wagen in Sicherheit.
Polizisten und Feuerwehrleute gingen in den Überschwemmungsgebieten von Texas und Louisiana von Tür zu Tür, um nachzusehen, ob Bewohner vergessen wurden. Vielerorts mussten Menschen tagelang ohne Vorräte in oder auf ihren Häusern ausharren. Die Rettungskräfte rechneten damit, weitere Todesopfer zu finden. Bis zum Donnerstag wurden mindestens 38 Tote im Zusammenhang mit "Harvey" gezählt.
Hüfthoch im Wasser
"Wir sind noch immer im Antwortmodus, und das bedeutet Lebensrettung", sagte der Nationale Sicherheitsberater Tom Bossert in Washington. "Es gibt noch immer Menschen, die hüfthoch im Wasser stehen." Nach Schätzungen dürften rund 100.000 Haushalte von "Harvey" betroffen sein, sagte Bossert. Viele von ihnen seien gar nicht oder unzureichend versichert.
Trump will laut seiner Sprecherin Sarah Sanders eine Million Dollar (850.000 Euro) aus seinem Privatvermögen für Hilfen nach dem Sturm "Harvey" spenden. Der Präsident wolle den Menschen in den schwer getroffenen Bundesstaaten Texas und Louisiana helfen. Am Samstag will Trump die Katastrophenregion zum zweiten Mal besuchen.
Notfallfonds
Das Weiße Haus kündigte zudem an, den Kongress um einen Notfallfonds für den Wiederaufbau in den beiden Bundesstaaten zu bitten. Die wirtschaftlichen Schäden in der wichtigen Industrieregion um Houston dürften eine dreistellige Milliardensumme erreichen.
Vizepräsident Pence traf am Donnerstag Betroffene in der texanischen Stadt Rockport, die schwer zerstört wurde, als Hurrikan "Harvey" am Freitag auf Land getroffen war. "Wir stehen Ihnen bei, bis wir Südost-Texas größer gemacht haben als es jemals war", sagte er.
Aufräumarbeiten in Houston
Während in ländlichen Gebieten von Texas und an der Golfküste die Lage weiter angespannt war, ging das Hochwasser in Houston und anderen Orten zurück und brachte Chaos und Zerstörung zum Vorschein. Bewohner begannen mit den Aufräumarbeiten.
Angst lösten Explosionen in einer überschwemmten Chemiefabrik in Crosby bei Houston aus. Die Behörden machten widersprüchliche Angaben zur Gefährlichkeit des aufsteigenden Qualms. Während die US-Katastrophenschutzbehörde Fema den Qualm als "unglaublich gefährlich" einstufte, erklärte die Umweltbehörde EPA, es gebe keine Anzeichen für ein gefährliches Ausmaß an freigesetzten giftigen Stoffen.
Rauch aus Chemie-Fabrik
In der Anlage wurden organische Peroxide hergestellt. Diese kommen unter anderem bei der Plastikherstellung oder in der Pharmaindustrie zum Einsatz. Laut der Betreiberfirma Arkema kann der ausgetretene Rauch Augen-, Haut- und Atemwegsreizungen verursachen.
Trotz des schwelenden Konflikts zwischen Caracas und Washington erklärte die venezolanische Regierung, den Hurrikan-Opfern in den USA helfen zu wollen. Venezuela werde bis zu fünf Millionen US-Dollar (etwa 4,2 Millionen Euro) für betroffene Familien in Houston und Corpus Christi bereitstellen, kündigte Außenminister Jorge Arreaza am Mittwoch an. Auch Mexiko hatte dem Nachbarland trotz des Streits um die von US-Präsident Donald Trump geplante Grenzmauer und die konfliktreiche Nachverhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta Unterstützung angeboten.