Im Wiener Landesgericht für Strafsachen ist am Montag der Prozess gegen fünf Syrer im Alter zwischen 22 und 41 Jahren eröffnet worden. Sie sollen einer länderübergreifenden Schlepperbande angehört haben, die Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak in Ungarn abholte und diese nach Österreich bzw. weiter nach Deutschland lotste.
Laut Anklage war das Quintett in unterschiedlicher Zusammensetzung an der Schleppung von über 170 Personen beteiligt, die zwischen Anfang August und Anfang November 2016 in den EU-Raum gelangten. Hintermänner der Bande hatten in Südeuropa die Transporte organisiert, die über die Türkei nach Ungarn gingen, wobei die Flüchtlinge noch in ihren Heimatländern bei "Vertrauensleuten" den Schlepperlohn hinterlegen mussten. Pro Mann wurden 4.000 bis 6.000 Euro in Rechnung gestellt, für Kinder die Hälfte. Nach geglückter Schleppung erfolgte die telefonische "Freigabe" der Geldbeträge - die Summen wurden mit Hilfe des sogenannten Hawala-Finanzsystems nach Europa transferiert.
Die Angeklagten spielten in dem lukrativen Schlepper-Geschäft keine federführende Rolle. Sie waren selbst mit Hilfe von Schleppern nach Österreich gelangt und hatten sich innerhalb der kurdischen Community vernetzt. Aufgrund ihrer prekären finanziellen Lage ließen sie sich für Botendienste, als Dolmetscher, kurzfristige Quartiergeber oder als Fahrer einsetzen, indem sie sich mit Pkw oder Kleintransportern nach Budapest oder an die österreichisch-ungarische Grenze begaben und pro Fahrt bis zu 20 Personen nach Österreich beförderten.
In Polizeikontrolle geraten
Ende August wurden drei irakische Familien am Budapester Hauptbahnhof in einen für maximal sieben Personen zugelassenes Fahrzeug der Marke Nissan gepfercht. Nach dem Grenzübertritt geriet der Wagen auf der Westautobahn bei Amstetten in eine Polizeikontrolle. Der Fahrer brachte das Fahrzeug zum Stoppen und lief davon, die verblüfften Polizeibeamten stellten fest, dass sich im Inneren des Fahrzeugs nicht weniger als 20 Menschen auf engstem Raum zusammengepresst hatten. Einer der nunmehr Angeklagten hatte in diesem Fall als sogenannter Vorausfahrer fungiert.
Die Angeklagten - drei von ihnen sitzen in U-Haft - verantworteten sich großteils geständig. Zwei von ihnen erklärten, sie hätten deshalb mitgemacht, weil die Bande eine in Syrien verbliebene Verwandte bzw. die Ehefrau nach Europa hätte bringen sollen. Sobald diese in Sicherheit waren, hätten sie sich nicht mehr beteiligt. Verdient hätten sie außer dem Tankgeld nichts.
Die Verhandlung ist auf mehrere Tage anberaumt und wird frühestens am kommenden Donnerstag zu Ende gehen.