Sexuelle Übergriffe haben zur Absage eines der größten Musikfestivals in Schweden geführt. 2018 soll das Spektakel ausfallen. Wie die Polizei am Dienstag bestätigte, hatten bei dem mehrtägigen Bravalla-Festival in Norrköping, das am Samstag endete, vier Frauen angegeben, vergewaltigt worden zu sein.
23 Anzeigen wegen Belästigung
In einem Fall soll eine 15-Jährige sogar während eines Konzertes in der Zuschauermenge misshandelt worden sein. Außerdem gingen bei der Polizei 23 Anzeigen wegen sexueller Belästigung ein. Nach Erkenntnissen der Polizei handelte es sich um Einzeltäter und nicht um organisierte Übergriffe.
Polizeisprecherin Gunilla Nyström betonte, dass die Anzahl der Anzeigen nicht ungewöhnlich sei. Auf dem Festivalgelände seien diesmal viele Polizisten anwesend gewesen. Das habe es den Opfern erleichtert, Belästigungen anzuzeigen.
Zu viele Vorfälle
Für den deutschen Veranstalter sind es dennoch zu viele Vorfälle. "Es ist nicht so, dass wir mit dem Problem nicht umgehen können oder dass es ein Problem von Festivals ist, es geht um ein klares Statement", sagte Kajsa Apelqvist, Pressesprecherin der FKP Scorpio in Schweden laut einer Mitteilung. Das Bravalla-Festival ist mit 50.000 Besuchern eines der größten Musikfestivals in Schweden. In diesem Jahr hatten Linkin Park, Mando Diao, Alesso und The Killers gespielt.
Nicht das erste Mal
Es war allerdings nicht das erste Mal, dass es bei Festivals in Schweden, Anzeigen wegen sexuellen Übergriffen gegeben hatte: Im Sommer 2016 hat es bei zwei Musikfestival mehr als 50 Anzeigen wegen sexueller Übergriffe gegeben. Nach den Musikfestivals Bravalla in Norrköping und Putte i Parken in Karlstad waren bei der Polizei 15 Anzeigen wegen Vergewaltigungen und 40 wegen sexueller Belästigung eingegangen. Das jüngste Opfer soll zwölf Jahre alt sein.
Boykott von "Mumford & Sons"
Die britische Band "Mumford & Sons", die in Norrköping aufgetreten war, hatte damals auf ihrer Facebook-Seite erklärt, das Event zu boykottieren, bis Polizei und Veranstalter etwas gegen die hohe Zahl an mutmaßlichen Vergewaltigungen unternommen hätten. Festivals seien "ein Ort, um loszulassen und sich dabei sicher zu fühlen".
Sexuelle Übergriffe vertuscht
Bereits in den Jahren 2014 und 2015 hatte es Berichte über sexuelle Übergriffe bei Festivals in Schweden gegeben. Die schwedische Polizei hat eine Vertuschung von sexuellen Übergriffen durch mutmaßlich ausländische junge Männer eingeräumt. Bei Musikfestivals in Stockholm im August 2014 und 2015 habe es 38 Anzeigen wegen sexueller Übergriffe gegeben gaben die Behörden Anfang 2016 bekannt.
Zwei Anzeigen
In zwei Fällen wurden Vergewaltigungen zur Anzeige gebracht. "Wir hätten die Informationen veröffentlichen müssen", sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur AFP. Doch tatsächlich hatte die Polizei nach den Festivals jeweils nur mitgeteilt, es habe "angesichts der vielen Teilnehmer relativ wenige Delikte und Festnahmen gegeben". Wie viele Verdächtige tatsächlich festgenommen wurden, sei nie festgehalten worden. Es ist zu keiner Verurteilung gekommen.
Die Zeitung "Dagens Nyheter" zitierte aus einem Polizeibericht, der Verdacht habe sich gegen eine Gruppe von rund 50 jungen Asylbewerbern aus Afghanistan gerichtet. Wegen der großen Menschendichte seien die Ermittlungen schwierig gewesen.
Regierungschef sieht Problem für Demokratie
Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven reagierte erbost auf die Enthüllung. Er empfinde eine "große Wut", dass junge Frauen nicht auf ein Musikfestival gehen können, "ohne belästigt oder angegriffen zu werden". Dass die Polizei die Vorfälle unter den Teppich gekehrt habe, sei "ein Problem der Demokratie für unser Land".