Salvador Dali darf nicht mehr in Frieden ruhen: Der legendäre spanische Maler wird knapp drei Jahrzehnte nach seinem Tod aus seinem Grab geholt. Zur Klärung einer Vaterschaftsklage ordnete eine Richterin in Madrid die Exhumierung des Leichnams des Surrealismus-Künstlers an, wie das zuständige Gericht am Montag mitteilte. Die Klage wurde den Angaben zufolge 2015 von einer Frau aus der katalanischen Stadt Gerona gestellt. Ihre Identität wurde vom Gericht zwar nicht mitgeteilt. In Spanien weiß man aber, dass es sich um eine 1956 geborene Frau aus Gerona handelt, die schon seit 2007 öffentlich behauptet, sie sei uneheliche Tochter Dalis.Der Anwalt der 61 Jahre alten Klägerin, Enrique Blanquez, sagte am Montag zu Journalisten, es gebe noch keinen Termin für die Exhumierung. Diese könne aber möglicherweise schon im Juli stattfinden.
Die Frau versichert, ihre Mutter habe Mitte der 1950er Jahre als Angestellte eines Hauses gearbeitet, in dem auch Dali gewohnt habe. Die beiden hätten eine sehr enge Freundschaft geschlossen, die sich schließlich zu einer heimlichen Liebesbeziehung entwickelt habe. Dass sie Tochter Dalis sei, hätten ihr ihre Mutter und auch ihre Oma väterlicherseits erzählt. Die Frau, die im spanischen Fernsehen vor vielen Jahren als Wahrsagerin aufgetreten ist und Karten gelegt hat, kämpft unter anderem um das Recht, den Namen des berühmten Malers, Bildhauers, Grafikers und Schriftstellers tragen zu können. Aber auch um den Pflichterbteil, der ihr gesetzlich zustehen würde. Wie hoch der Betrag sein würde, wurde zunächst nicht bekannt.
"Ich bin der Surrealismus"
Die Faszination, die von den Werken des Malers, Bildhauers, Performance-Künstlers, Poeten und Filmautors ausgeht, ist auch knapp drei Jahrzehnte nach dem Tod des Exzentrikers ungebrochen. Der Nachwelt blieb Dalí nicht nur wegen seiner ständig wiederkehrenden Motive des Eis und der schmelzenden Uhren, sondern auch wegen seines ausgefallenen Schnurrbarts in Erinnerung. Er wusste nicht nur sein Werk, sondern auch sich selbst zu verkaufen. Über Selbstzweifel schien er erhaben gewesen zu sein. "Ich bin der Surrealismus", behauptete er. Zugleich war Dalí ein begnadeter Provokateur. Im sittenstrengen Spanien führte er eine Blondine nackt an einem Hundehalsband durch ein Dorf. Einem Werk gab er den Titel: "Manchmal spucke ich voller Freude auf das Bild meiner Mutter."
Dali verabscheute intimen Körperkontakt
Einen wesentlichen Anteil am Erfolg Dalís hatte dessen Frau Gala. Die gebürtige Russin war die Muse und Managerin des Künstlers und hielt dessen Spleens in Grenzen. Im Laufe der Zeit wurde die Beziehung der beiden jedoch immer absonderlicher. Gala umgab sich im Schloss Pubol, das der Maler für sie erstanden hatte, im hohen Alter mit jungen Liebhabern. Dalí, der intimen Körperkontakt verabscheute, zog sich in den Fischerort Port Lligat zurück und versammelte einen "Hofstaat" von teils zweifelhaften Gestalten um sich. Dali hinterließ sein gesamtes Vermögen dem spanischen Staat sowie der Stiftung "Fundacion Gala - Salvador Dali".
"Dalí war ein großer Maler, aber kein Genie", lautet das Fazit, zu dem der Biograf Ian Gibson kam. Nach Ansicht des irischen Historikers hatte der Künstler seine beste Zeit von 1926 bis 1938. Danach habe er sich wiederholt und sei zu einem "besessenen Showman" geworden. Die Ursache des Niedergangs sieht Gibson darin, dass der Künstler seine homosexuellen Neigungen nicht eingestehen wollte. So sei die Kunst zu einer Maske geworden, hinter der Dalí seine Ängste verbergen wollte.