Das 24-stöckige Wohnhaus Grenfell Tower in North Kensington im Westen von London wurde im Jahr 1974 fertiggestellt. Ursprünglich bestand das Hochhaus aus 120 Wohnungen, sieben weitere wurden bei einem späteren Umbau hinzugefügt.

Aufgrund massiver Mängel bei Sicherheit und Feuerschutz haben sich Bewohner in der Grenfell Action Group organisiert: Wiederholt wurde von der Gruppe darauf hingewiesen, dass Flucht- und Rettungswege nicht freigehalten würden. Als Beispiele gaben sie mehrfach parkende Autos in Feuerwehrzufahrten an und wiesen auch auf Sperrmüll hin, der im Eingangsbereich des Hauses von der Hausverwaltung stillschweigend geduldet wurde. Dies geschah nicht nur unter dem Aspekt der unnötigen Brandlasten, sondern auch mit Verweis darauf, dass das Gebäude nur einen Ein- und Ausgang aufweist.

Warnungen trafen auf taube Ohren

"Alle unsere Warnungen trafen auf taube Ohren. Wir haben vorhergesagt, dass eine solche Katastrophe unausweichlich und nur eine Frage der Zeit ist", schrieb die Gruppe am Mittwoch auf ihrer Internetseite. Im November 2016 schrieb sie:

„Es ist ein wahrlich erschreckender Gedanke, aber die Grenfell Action Group glaubt fest, dass nur ein katastrophales Ereignis das Unvermögen und die Inkompetenz unserer Vermieter, der KCTMO [= Kensington and Chelsea Tenant Management Organisation], entlarven wird und den gefährlichen Lebensumständen und Missachtung der Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften ein Ende setzen wird, die sie ihren Mietern und Pächtern zumuten. Wir glauben, dass die KCTMO eine schlimme gewissenlose Mini-Mafia ist, die ihre Aufgabe nicht in der Verantwortung des Tagesgeschäfts in der Leitung einer sozialen Wohnsiedlung sieht und dass ihr schändliches geheimes Einverständnis mit dem RBKC [= Royal Borough of Kensington and Chelsea] Council ein Rezept für ein zukünftiges großes Desaster ist.“

„Stay-put“-Regel


Auch nach der Sanierung galt in dem Gebäude als Verhaltensvorgabe eine „Stay-Put“-Regel, die besagt, dass Bewohner im Brandfall ihre Wohnungen nicht verlassen sollen, solange das Feuer nicht in der eigenen Wohnung oder dem Hausflur vor der Wohnungstür brennt. Es wurden mit dem Umbau feuerhemmende T30-Türen verbaut, die Feuer 30 Minuten lang widerstehen. Dass sich die meisten Bewohner bei dem Großbrand am Mittwoch nicht an diese Regel gehalten haben, dürften sie ihr Leben verdanken - das Gebäude brannte völlig aus.

Vermieter KCTMO

Verwaltet wird das Gebäude von der Kensington and Chelsea Tenant Management Organisation (KCTMO) für den Stadtbezirk Kensington and Chelsea. Die Baufirma Rydon beendete im Juli 2016 Sanierungsmaßnahmen in einer Größenordnung von 8,7 Millionen Pfund (9,88 Mio. Euro). Darin enthalten waren eine Erneuerung der Fassade und der Fenster. Außerdem seien eine neue Heizungsanlage sowie ein Rauchabzugs- und Ventilationssystem eingebaut worden, ist auf der Webseite der Firma nachzulesen.

Rydon betonte, man sei geschockt über die Feuerkatastrophe. Alle baulichen Maßnahmen seien gemäß den geltenden Vorschriften für Brandschutz, Sicherheit und Gesundheit durchgeführt worden. Die Firma wolle die Ermittlungen der Behörden zur Brandursache voll unterstützen.

Die Fassadenverkleidung wurde von der Firma Harley Facades angebracht. Ein Sprecher sagte der Nachrichtenagentur Reuters, zum jetzigen Zeitpunkt könne er keinen Kommentar abgeben, weil ihm noch keine Informationen zum Hergang des Unglücks vorlägen.