Als der Mann vor ihr plötzlich eine Armbrust aus dem Rucksack zieht und auf sie zielt, dreht sich Sara Casasnovas blitzartig um und läuft schreiend weg. Ihre Reaktionsschnelligkeit rettet der jungen spanischen Starschauspielerin am 9. Juni 2009 in Madrid vielleicht sogar das Leben. Denn der Angreifer - ein abgewiesener Stalker aus Deutschland - verfehlte sein Ziel.

Nun wird die junge Frau möglicherweise von der Vergangenheit eingeholt: Im Laufe des Dienstags sollte der wegen Mordversuchs verurteilte Mann aus dem Gefängnis nahe Madrid entlassen werden. Seine Strafe hat er verbüßt. Von den Behörden in Spanien wird er allerdings weiterhin als "potenziell gefährlich" eingestuft.

Abschiebung beschlossen

Der heute 48-Jährige wird sogar als derart bedrohlich angesehen, dass die Behörden eine Express-Abschiebung beschlossen. Mehrere Beamte sollten ihn am Dienstag im Gefängnis von Estremera etwa 70 Kilometer südöstlich der Hauptstadt abholen. "Er wird auch im Flugzeug begleitet und in Deutschland der Polizei übergeben", sagte ein Sprecher der zuständigen Vertretung der Zentralregierung in der Autonomen Gemeinschaft Madrid.

Es gebe unter anderem ein Polizeigutachten, wonach der Mann "ein Verhalten aufweist, das eine schlimme reale Bedrohung für das Zusammenleben darstellt", hieß es von der Behörde.

Die achtjährige Haftstrafe, zu der er wegen versuchten Mordes und illegalen Waffenbesitzes verurteilt wurde, hat der Mann verbüßt. Was hat die Behörden nun in Alarmzustand versetzt? Casasnovas hatte voriges Jahr nächtliche anonyme Anrufe erhalten und dahinter den Deutschen vermutet. Als die Zelle des Mannes daraufhin im Oktober 2016 durchsucht wurde, fand man das vermutete Handy zwar nicht. Dafür aber Bilder von Schauspielerinnen - darunter auch von Casasnovas - samt Liebeserklärungen, wie es von den Behörden hieß. Die acht Frauen, laut Medien alle in Spanien sehr bekannt, wurden persönlich informiert und unter Schutz gestellt.

Promi-Stalker

Prominente werden immer wieder Opfer von Stalkern. Extreme Fälle, bei denen Promis attackiert werden, sind selten - aber es gibt sie. Die US-Schauspielerin Rebecca Schaeffer wurde etwa 1989 im Alter von 21 Jahren auf dem Weg zum Castingtermin für Francis Ford Coppolas "Der Pate - Teil III" von einem abgewiesen Verehrer mitten auf der Straße erschossen. Ihr Fall führte in den USA zu einer Verschärfung der Gesetze zur Bekämpfung von Stalking.

Im konkreten Fall weiß man aus Aussagen des Deutschen und der Polizei, dass der Mann die Schauspielerin erstmals in seiner Heimatstadt in der Serie "Die Liebe in unruhigen Zeiten" über das internationale Signal des staatlichen spanischen Fernsehens sah - weil er Spanisch lernen wollte. Er verliebte sich in die damals 25-Jährige. Er schrieb der dunkelhaarigen Frau fortan Liebesbriefe, die unbeantwortet blieben, schickte Blumen und Geschenke, und reiste sogar nach Madrid, um ihr mehrfach aufzulauern.

Am 9. Juni 2009 versuchte er sie nach einer ihrer Aufführungen vor dem Reina-Victoria-Theater erneut auf der Straße anzusprechen. Als sie ihm wieder die kalte Schulter zeigte, legte er die Armbrust an. Das Geschoss verfing sich zum Glück nur im Ärmel eines Begleiters der Schauspielerin. Nur mit Mühe konnte der aufgewühlte Angreifer von mehreren Männern überwältigt werden.

Armbrust und Handschellen

In seinem Militärrucksack wurden dann unter anderem eine weitere Armbrust, Pfeile, Seile, ein Messer, Handschellen, Tränengas und ein Benzinkanister gefunden. Nach Angaben von Gutachtern leidet der Mann an Persönlichkeitsstörungen, die beim Urteil als mildernd gewertet wurden. Im Prozess sagte der Deutsche in Richtung des sichtlich verängstigten und nervösen Opfers: "Ich liebe dich, ich würde dir nie Schaden zufügen wollen, niemals." Er habe nur auf sich aufmerksam machen wollen.

Den Antrag der Ausländerbehörde auf eine normale Abschiebung - bei der man 30 Tage Zeit hat, das Land zu verlassen - hatte das Landgericht Madrid abgelehnt. Nun wurde sogar eine Express-Abschiebung angeordnet. Der Deutsche - von spanischen Medien inzwischen "Schauspielerinnen-Jäger" genannt - darf die nächsten fünf Jahre nicht wieder nach Spanien einreisen.

Dass der Mann sich irgendwann einmal in den Wagen setzt und durch die offenen EU-Grenzen wieder nach Madrid fährt, kann natürlich nicht verhindert werden.