In der afghanischen Hauptstadt Kabul ist nach Behördenangaben eine deutsche Entwicklungshelferin getötet worden. Die Frau wurde gemeinsam mit einem afghanischen Wachmann bei einem Überfall auf ihre Unterkunft getötet, wie das Innenministerium am Sonntag mitteilte. Eine finnische Mitarbeiterin der schwedischen Hilfsorganisation Operation Mercy wurde verschleppt.
Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte den Tod der deutschen Staatsangehörigen, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. Das Gästehaus, in dem die beiden Mitarbeiter getötet wurden, wird von der Hilfsorganisation selbst betrieben. Die unter anderem in Asien tätige Operation Mercy berief eine Krisensitzung ein, wie ihr Leiter Scott Breslin der schwedischen Nachrichtenagentur TT sagte.
Das finnische Außenministerium bestätigte die Entführung einer Staatsbürgerin in Kabul. Es sei aber unbekannt, wer die Kidnapper seien, sagte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP. Zuvor hatte das afghanische Innenministerium im Kurzbotschaftendienst Twitter über den tödlichen Überfall berichtet. Dieser habe sich kurz vor Mitternacht ereignet, erklärte Ministeriumssprecher Najchib Danish.
Schlechte Sicherheitslage
Wegen der schlechten Sicherheitslage hatten ausländische Organisationen ihre Maßnahmen in Afghanistan zuletzt weiter verstärkt. So hatte die staatliche deutsche Entwicklungshilfsorganisation GIZ im Mai erklärt, ihre Büros im Zentrum der afghanischen Hauptstadt Kabul aufzugeben. Sie zog in ein schwer gesichertes Lager am Stadtrand. Die GIZ schloss damit sechs der sieben Büro- und Wohngelände, die sie in den vergangenen Jahren - als Reaktion auf das Erstarken der radikalislamischen Taliban, mehr Anschläge in Kabul und eine gefährliche neue Kidnapping-Industrie - für Hunderttausende Euro mit Sprengschutzwänden und Stahlschleusen gesichert hatte.
Die Sicherheitssituation in Afghanistan hat sich seit dem Abzug der meisten internationalen Truppen 2014 stark verschlechtert. Das deutsche Generalkonsulat in Mazar-i-Sharif war schon im Winter nach einem Angriff der Taliban in das deutsche Militärlager umgezogen. 2015 waren zwei Mitarbeiter der GIZ entführt worden. Mittlerweile hat sich die Zahl der deutschen und internationalen Mitarbeiter von rund 200 auf rund 100 verringert.
20 Polizisten getötet
Bei Überfällen der radikalislamischen Taliban im Süden Afghanistans wurden unterdessen offiziellen Angaben zufolge mindestens 20 Polizisten getötet. Auch Dutzende Extremisten seien getötet und verletzt worden, teilten die Behörden in der Provinz Zabul am Sonntag mit. Es sei an mehreren Orten zu heftigen Kämpfen zwischen Sicherheitskräften und Taliban-Kämpfern gekommen, die immer noch anhielten.
Bei einem Extremisten-Angriff auf eine Bank im Südosten Afghanistans wurden zwei Polizisten getötet worden. 31 Menschen wurden bei der Attacke in der Provinz Paktia am Samstag verletzt, wie Behörden mitteilten. Die drei als Polizisten verkleideten, mit Sprengstoffwesten ausgestatteten Angreifer seien ebenfalls getötet worden. Sie griffen die Filiale der Kabul Bank in der Stadt Gardes an, als die Polizisten dort ihren Lohn ausbezahlt bekamen, sagte Sardar Khan Malangsoi vom Provinzrat von Paktia.
Taliban beherrschen ein Drittel des Landes
In Afghanistan tobt seit Jahren der Konflikt zwischen den vom Westen unterstützten Regierungstruppen und den Taliban, die schätzungsweise mehr als ein Drittel des Landes beherrschen. Zehntausende Afghanen haben deshalb Zuflucht in Europa gesucht.