Im Nordwesten Mexikos ist der für seine Recherchen zum Drogenkrieg bekannte und preisgekrönte Journalist Javier Valdez vor dem Büro des Nachrichtenmagazins "Riodoce" erschossen worden. Der 50-Jährige, der seit mehr als zehn Jahren auch für die Nachrichtenagentur AFP arbeitete, ist bereits der fünfte Journalist, der in diesem Jahr in Mexiko getötet wurde.

Präsident Enrique Pena Nieto ordnete eine Untersuchung des "abscheulichen Verbrechens" in Culiacan im Bundesstaat Sinaloa an. Valdez arbeitete seit fast drei Jahrzehnten als Journalist. Außer für AFP schrieb der Familienvater auch für die mexikanischen Zeitungen "La Jornada" und die von ihm mitbegründete Zeitschrift "Riodoce". Das Magazin wurde eine maßgebliche Quelle in der Berichterstattung über den Drogenkrieg in einem Land, in dem viele Medien aus Angst vor Gewalt Selbstzensur üben.

Sinaloa-Kartell im Visier von Valdez

Unter anderem schrieb Valdez über das Sinaloa-Kartell und dessen inzwischen inhaftierten Gründer Joaquin Guzman alias "El Chapo". Im vergangenen Jahr veröffentlichte er sein letztes Buch über Drogenkartelle. Es beschäftigte sich vor allem mit der Rolle der Medien bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität.

Journalist zu sein bedeute, auf einer schwarzen Liste zu stehen, sagte Valdez bei der Vorstellung des Buches. Selbst wenn man mit kugelsicherer Weste und Leibwächtern geschützt werde, seien es am Ende die Gangs, die entschieden, "an welchem Tag sie Dich töten werden".

Aus Angst üben in Mexiko immer mehr Zeitungen Selbstzensur und berichten nicht mehr über das organisierte Verbrechen. In der Rangliste von Reporter ohne Grenzen (ROG) liegt Mexiko auf Platz 147 von 180 untersuchten Ländern. Nach Angaben des Journalistenverbands Articulo 19 gab es im vergangenen Jahr 426 Angriffe auf die Presse in Mexiko.

Die Gewalttaten gegen Journalisten in Mexiko bleiben meist ungesühnt. Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit Anfang Mai kritisierte das CPJ, dass die Hintermänner fast nie verurteilt würden. "In Mexiko - einem der gefährlichsten Länder für Journalisten weltweit - erlaubt es die weit verbreitete Straflosigkeit kriminellen Gruppen, korrupten Beamten und Drogenkartellen, ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen", hieß es in dem Bericht.

Für seine Arbeit wurde Valdez 2011 von der US-Medienrechtsgruppe Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ) ausgezeichnet. Zudem erhielt er einen Preis der Journalistenschule der Columbia University.

AFP-Informationsdirektorin Michele Leridon äußerte sich "entsetzt" und sprach den Angehörigen des Journalisten ihr Beileid aus. "Indem er seit Jahren über die mächtigen Drogenkartelle in Mexiko recherchierte, bewies Javier extremen Mut, in dem Wissen, dass er damit sein Leben riskierte", erklärte Leridon in Paris.

Bereits fünf tote Journalisten

Der Bruder des Toten, Rafael Valdez, sagte, dieser habe nichts über Drohungen berichtet. "Ich habe ihn gefragt, warum er sein Leben aufs Spiel setzt, und er antwortete: 'Das ist etwas, das ich gerne tue, und jemand muss es tun. Man muss kämpfen, um die Dinge zu ändern.'"

In diesem Jahr wurden in Mexiko bereits fünf Journalisten getötet. Erst vor wenigen Wochen erklärte das CPJ, Mexikos Presse sei in einem "tödlichen Kreislauf von Gewalt und Straflosigkeit" gefangen. Seit dem Jahr 2000 wurden laut der Organisation Reporter ohne Grenzen 102 Journalisten in Mexiko ermordet. Für Dienstag wurden in Mexiko mehrere Demonstrationen angekündigt, mit denen die Behörden zu einem Ende der Straflosigkeit bewegt werden sollen.