Wegen des Sturmtiefs "Egon" ist in über 330.000 Haushalten in Frankreich der Strom ausgefallen. Betroffen waren vor allem die nördlichen Regionen Normandie und Picardie, wie der Netzbetreiber Enedis am Freitag mitteilte. Heftige Winde fegten mit Geschwindigkeiten von teilweise mehr als 130 Stundenkilometern über das Land, entwurzelten Bäume, rissen Stromkabel herunter und beschädigten Dächer.
In Südfrankreich wurde eine Frau von einem Baum erschlagen. Tausende Feuerwehrleute und Techniker rückten zu zahlreichen Einsätzen aus. Am Freitagmorgen waren noch 200.000 Haushalte ohne Strom, wie Enedis mitteilte. Von dem Wintersturm waren weite Teile Frankreichs betroffen.
In der südfranzösischen Gemeinde Saint-Jeannet nahe Nizza wurde am Freitagmorgen eine 43-jährige Mutter vor den Augen ihrer Kinder von einer entwurzelten Zypresse erschlagen, als sie die Kinder zur Schule bringen wollte. "Sie war sofort tot", erklärte die Gendarmerie. Der Ehemann versuchte vergeblich, die Frau zu befreien.
In Nordfrankreich mussten 180 Passagiere eines Thalys-Schnellzugs auf dem Weg von Brüssel nach Paris die Nacht im Zug verbringen. Grund waren gleich zwei Oberleitungsschäden, wie ein Sprecher der französischen Staatsbahn SNCF sagte. Die Feuerwehr und der Zivilschutz brachten den Passagieren Decken, heiße Getränke und Essen in den Zug. Er kam schließlich am Freitagvormittag in Paris an - geplant war die Ankunft für Donnerstagabend.
Sturmflutwarnung in England
Wegen einer Sturmflutwarnung sind die Bewohner mehrerer südenglischer Küstenorte zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert worden. Polizisten gingen am Donnerstag im Dorf Jaywick in Südostengland von Tür zu Tür, um die am Freitagmorgen bevorstehende Evakuierung anzukündigen.
Die britische Umweltbehörde hatte vor einer lebensbedrohlichen Situation gewarnt, wenn ab Freitagmorgen heftiger Wind und Starkregen erwartet werden. Die Bewohner der betroffenen Orte wurden aufgefordert, sich in die von den Behörden eingerichteten Notunterkünfte oder in sichere Gebiete zu begeben. Auch Haustiere sollten in den Notunterkünften aufgenommen werden.
Im nordostenglischen Küstenort Skegness waren Soldaten im Einsatz, um rund 3.000 Bewohner in Sicherheit zu bringen. Die Flutwarnungen in Großbritannien folgen auf heftigen Schneefall, der am Donnerstag Schottland, Nordirland und Teile von England getroffen hatte.
120 Flüge gestrichen
Sturmtief "Egon" wirbelt den Flugverkehr am größten deutschen Flughafen in Frankfurt durcheinander. Wegen des starken Winds und der Schneefälle seien am Freitag bisher 120 Flüge gestrichen worden, sagte ein Sprecher der Betreibergesellschaft Fraport. Mit weiteren Annullierungen sei zu rechnen.
Bei der Lufthansa, die in Frankfurt ihren Heimatflughafen betreibt, fielen über den Tag bisher 80 Verbindungen aus. Seit der Nacht zieht das Tief Egon von Westen über Deutschland. Nach Aussagen des Deutschen Wetterdienstes gibt es teils ergiebigen Schneefälle. In der Mitte und im Süden der deutschen Republik ist mit orkanartigen Böen zu rechnen.
Stromausfall in Teilen Bayerns
In den Landkreisen Fürth, Nürnberger Land und Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim beschädigten umgestürzte Bäume oder abgebrochene Äste Stromleitungen. Zudem bleibt auch die Lawinenlage in den deutschen Alpen angespannt. Zahlreiche Haushalte seien von den Störungen durch das Sturmtief betroffen, teilte der Energieversorger N-Ergie mit. Auch im Landkreis Aschaffenburg waren mehrere Ortschaften zunächst ohne Strom.
Oberhalb der Waldgrenze herrsche weiterhin in Bayern erhebliche Lawinengefahr und damit die dritte der fünf Warnstufen, teilte der Lawinenwarndienst am Freitag in München mit. Schon einzelne Skifahrer könnten Schneebrettlawinen auslösen, warnten die Experten.
Züge und Fähren in der Schweiz lahmgelegt
In der Region Basel fielen Züge aus, am Bodensee Fähren, wie die Schweizer Bahnen am Freitag mitteilten. Die Windböen erreichten in Cressier 50 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Bern Geschwindigkeiten von 117 Kilometern in der Stunde, berichtete der Wetterdienst MeteoGroup.
Auf dem 2.500 Meter hohen Säntis 50 Kilometer Luftlinie westlich von Zürich erreichte der Wind mit 154 Kilometern in der Stunde Orkanstärke. Auf der Autobahn Richtung Basel krachten hinter dem Tunnel Eich nördlich von Luzern zehn Autos ineinander. Ein Mensch wurde nach ersten Angaben der Polizei leicht verletzt.
Die Schweizer Bahn musste einige Strecken wegen der Unwetter schließen, darunter bei Montreux am Genfer See und bei Weissbad südlich des Bodensees. Auf dem See selbst wurde der Fährdienst von Romanshorn nach Friedrichshafen wegen Unwettern eingestellt. Bei Kriens nahe dem Vierwaldstättersee fiel eine Luftseilbahn wegen starker Winde aus. Am Gotthard-Tunnel behinderte Schneefall den Verkehr in beiden Richtungen.