Am 13. Jänner 2012 rammt das bei Indienststellung mächtigste italienische Kreuzfahrtschiff Costa Concordia um 21.45 nach einem gefährlichen Kurswechsel vor der Mittelmeerinsel Giglio die Felsformation „Le Scole“. Mit verheerenden Folgen. Der 290 Meter lange Rumpf wird massiv havariert, der Riss, der das Ende des mit 4229 Menschen besetzten Kolosses bedeutet, klafft über 70 Meter.

Das an sich technisch gut ausgestattete Schiff mit dem Rufzeichen „IBHD“ schlägt leck, läuft auf Grund, sinkt teilweise und bleibt mit 65 Grad Schlagseite liegen. Strom und Licht fallen aus, 32 Menschen sterben. Dass es im Chaos nicht noch viel mehr Opfer gegeben hat, ist wohl günstigem Wind zu verdanken, der das Wrack am Felsen fixiert und nicht in tieferes Wasser treibt.

"Gehen Sie an Bord, Scheißkerl!"

Heute, genau fünf Jahre später, ist das Protokoll der Ohnmacht und des Grauens an Bord noch auf Youtube nachzuhören: Gregorio De Falco, Hafenkommandant der Küstenwache Livorno, versucht mit dem harschen, aber strukturierten Ton eines Krisenmanagers Kapitän Francesco Schettino zur Koordinierung der Rettungsmaßnahmen zu bewegen: „Salga a bordo, cazzo!“ („Gehen Sie an Bord, Scheißkerl!“), herrscht er ihn an. Dieser ist nicht mehr an Bord – was er vom Kommandanten per Funk zu hören bekommt, ist eine Flut von Ausflüchten.

Francesco Schettino wurde zu 16 Jahren Haft verurteilt.
Francesco Schettino wurde zu 16 Jahren Haft verurteilt. © AP

Der damals 51-Jährige wollte mit einem „Verneigung“ genannten Manöver Küstenbewohnern salutieren – und wohl auch prahlen. Später, vor Gericht, bringt er die Öffentlichkeit mit Aussagen wie „Ich bin gestolpert und lag plötzlich zusammen mit den Passagieren im Boot“ zum Brodeln. Sein Name wird zum geflügelten Wort für vieles, was in Italien nicht stimmt – nicht zuletzt Feigheit und Missmanagement. Schettinos Anwälte monieren strukturelle Probleme an Bord.

Der Beschuldigte sieht eine Mannschaft, die seine Order nicht verstand. Für Staatsanwalt Alessandro Leopizzi ist klar: „Er ging von Bord, ohne sich auch nur die Schuhsohlen nass zu machen.“ De Falco betont als Zeuge, dass die Besatzung das Leck zunächst verschwiegen habe. 2016 wird Schettino zweitinstanzlich zu 16 Jahren Haft verurteilt. Für vier Crewmitglieder und einen Reederei-Manager gab es 2012 weitaus mildere Haftstrafen – gegen Schuldeingeständnisse.

Um der Opfer zu gedenken, ist heute eine Messe auf Giglio geplant, in eine Gedenktafel sind die Namen der Opfer eingraviert. Die bittere Erinnerung an die Unglücksnacht, die alle 77 Österreicher an Bord überlebten, wird die Insel im toskanischen Archipel lange nicht abschütteln. Dass man im genuesischen Meeresmuseum die Erinnerung an „eine Wunde, die nie heilen wird“ mit Resten der abgewrackten und filetierten Costa Concordia wachhalten will, löst bei Sergio Ortelli, dem Bürgermeister von Giglio, Grausen aus: „Makabre Idee!“