Er wurde mit Akt- und Porträtaufnahmen weltberühmt, nun aber zog es den Wiener Fotografen Andreas Bitesnich aus guten Gründen in ein ganz anderes Feld. In Nacktheit präsentiert wird die Arktis.
Bis zu 500 Millionen Barrel Öl
"Die Ölbohrpläne der OMV dort sind leider sehr realistisch. Erst Anfang April meldete der österreichische Konzern, dass nach Probebohrungen ein Potenzial von 200 bis 500 Millionen Barrel Öl vor Ort vermutet werde. Die OMV kooperiert mit anderen Ölkonzernen wie etwa Norwegens Statoil", gibt Greenpeace-Meeresexperte Lukas Meus der Kleinen Zeitung Status und Ausblick.
Die Umweltschützer nahmen Bitesnich bis zur Sicherheitszone von 500 Metern rund um die Ölplattform mit, um gleichermaßen Gefahrenszenarien und die geradezu surreale Schönheit des hochfragilen Ökosystems im Nordpolarmeer abzubilden: "Wir wollten die Arktis in einer besonderen und anderen Art und Weise dokumentieren, um damit neue Menschen zu erreichen, die sich für ihren Schutz einsetzen", so Meus.
Der so entstandene und nun präsentierte Prachtband "Troubled Waters" verlangte dem Fotokünstler viel ab: "Eine Herausforderung war es, Essen in mir zu behalten. Man muss wissen, dass ein Eisbrecher kein Ponyhof ist. Bei minus 20 Grad ist jeder Schritt und jede Aktion eine sensible Sache. Man muss sich im Schlauchboot gut festhalten und gleichzeitig die Kamera in eine sinnvolle Richtung drehen. Dabei eine gute Balance zu behalten ist essenziell."
Bitesnich, der Teil der 30-köpfigen Crew aus aller Welt wurde, wählte für die monochromen Aufnahmen bewusst einen recht wuchtigen und doch einfühlsamen Stil. "Grundidee war, eine Bildsprache zu verwenden, die man von Greenpeace so noch nicht kennt. Wir alle sind visuell verwöhnt, da braucht es starke, energetische Fotos, um diese Themen zu transportieren", gewährt der vielfach Prämierte im Interview Einblicke in seine Arbeit.
"Energie und Frieden unbeschreiblich"
Besonderes Kleinod wurde Bitesnich die 180 Quadratkilometer kleine Bäreninsel zwischen Spitzbergen und Nordkap. "Die Energie und der Frieden, den man dort spürt, sind unbeschreiblich", zeigt er sich von der puren Umwelt gebannt. Doch der Zauber der Natur ist die eine Seite, drohende Gefahr durch aktuelle und künftige Bohrungen vor Ort eine andere.
Was passiert, wenn "es" einmal passiert, skizziert Meus: "Falls es zu einem Ölunfall kommt, gibt es bis heute keine Methode, um eisbedeckte Gewässer von Öl zu befreien. Zudem dauert der natürliche Zersetzungsprozess bei so tiefen Temperaturen viel länger als in wärmeren Regionen. Das Öl könnte für Jahrzehnte in arktischen Gewässern bleiben. Mit verheerenden Konsequenzen."