Die unabhängige Istanbuler Tageszeitung "Cumhuriyet" ist eine der Preisträgerinnen der diesjährigen "Right Livelihood Awards", auch bekannt als Alternative Nobelpreise.
Die weiteren Preise erhalten die syrische Freiwilligen-Hilfsorganisation Syria Civil Defence (Weißhelme), die russische Menschenrechtsaktivistin Swetlana Gannuschkina sowie die ägyptische Frauenrechtlerin Mozn Hassan und ihre Organisation.
Mit "Cumhuriyet" wurde eine der führenden türkischen Tageszeitungen für ihre Verdienste um die Pressefreiheit gewürdigt. In der Begründung der internationalen Jury heißt es: "Cumhuriyet" erhalte den Preis "für ihren unerschrockenen investigativen Journalismus und ihr bedingungsloses Bekenntnis zur Meinungsfreiheit trotz Unterdrückung, Zensur, Gefängnis und Morddrohungen".
Terrorprozess gegen Ex-Chefredakteur
Die Preisvergabe an "Cumhuiyet" kommt zu einem topaktuellen Zeitpunkt. Erst am Mittwoch hatte ein neuer Terrorprozess gegen zwei führende Redakteure der Zeitung, darunter Ex-Chefredakteur Can Dündar, im Zusammenhang mit Spionagevorwürfen begonnen.
"Right-Livelihood"- Geschäftsführer Ole von Uexküll sagte hierzu laut gleichzeitig mit dem Beginn der Pressekonferenz zur Bekanntgabe der Preisträger 2016 freigeschalteten Erklärung: "Angesichts immenser persönlicher Risiken hält 'Cumhuriyet' die Fahne der freien Meinungsäußerung in der Türkei in einer Zeit hoch, die für die Menschen dieser Nation kritisch ist. Mit der Vergabe des Right Livelihood Awards würdigen wir ihren Einsatz für investigativen Journalismus und stellen ihren wichtigen Beitrag für die Pressefreiheit in ihrem Heimatland und auf der ganzen Welt in den Mittelpunkt."
Im Frühjahr 2014 hatte die Zeitung über die Aufdeckung geheimer Waffentransporte aus der Türkei an die Minderheit der syrischen Turkmenen berichtet. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan attackierte daraufhin die Zeitung öffentlich und bezeichnete deren Bericht als Spionage. Der Ex-Chefredakteur von "Cumhuriyet", Can Dündar, und der Leiter des Hauptstadtbüros in Ankara, Erdem Gül, wurden heuer im Mai jeweils zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig. Nun begann in Istanbul ein weiterer Prozess.
Mitarbeiter unter Druck
Orhan Enric, Präsident der "Cumhuriyet"-Stiftung, reagierte auf die Zuerkennung des Alternativen Nobelpreises, indem er betonte, die Mitarbeiter der Zeitung seien ständigem Druck und Schikanen ausgesetzt, sie befänden sich teilweise in Lebensgefahr. "Wir haben Putsche, Putschversuche, Belagerungszustände und Ausnahmezustände durchgemacht, aber wir haben niemals die Einschränkung des Informationsrechts unserer Leser zugelassen", schrieb Enric in seiner Stellungnahme.