Es handle sich um eine "sehr große und komplexe Katastrophe", erklärte am Dienstag der Hilfskoordinator Chris Staines, der an der Spitze einer Rot-Kreuz-Delegation durch die Flutgebiete gereist war.
Ausbruch von Seuchen befürchtet
"Die Fluten hatten eine solche Kraft, dass sie alles in ihrem Weg zerstört haben", berichtete Staines. In den besuchten Siedlungen sei "kaum ein Gebäude unbeschädigt geblieben". Die Betroffenen in dem verarmten Land seien "in einer sehr schwierigen Situation", und es bestehe das Risiko weiterer Katastrophen wie etwa eines Ausbruchs von Seuchen.
Mindestens 133 Menschen wurden den Angaben zufolge getötet, hunderte weitere werden vermisst, rund 140.000 Menschen sind auf Hilfe angewiesen. Allein in der Stadt Hoeryong hätten 100.000 Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, erklärte das Rote Kreuz. In der gesamten Region seien 600.000 Menschen von Unterbrechungen bei der Trinkwasserversorgung betroffen.
16.000 Hektar Ackerland zerstört
Mit besonderer Sorge betrachtete die Hilfsorganisation auch den Umstand, dass rund 16.000 Hektar Ackerland vor der wichtigen Mais-und Reisernte zerstört worden seien. "Dieser Verlust ist eine weitere Katastrophe, die in den kommenden Wochen und Monaten zu spüren sein wird", warnte das Rote Kreuz.
Der Fluss Tumen, der teils die Grenze Nordkoreas zu Russland und China markiert, war nach heftigen Regenfällen im Gefolge des Taifuns "Lionrock" Ende August über seine Ufer getreten. In dem verarmten Land sind Naturkatastrophen oftmals besonders verheerend. Ein Grund dafür ist die fehlende Infrastruktur. Zudem sind viele der bergigen Regionen in Nordkorea abgeholzt, bei schweren Regenfällen strömt das Wasser dann ungehindert abwärts.
Eine Abfolge von Dürren und heftigen Regenstürmen mit Überschwemmungen war auch Mitursache der Hungerkatastrophe in den Jahren 1994 und 1998, der Hunderttausende zum Opfer gefallen waren. Verschärft wurde sie durch wirtschaftliches Missmanagement sowie den Verlust der sowjetischen Unterstützung.
Darüber hinaus verschlingt das nordkoreanische Atomwaffenprogramm einen Großteil der staatlichen Ressourcen, die dann für andere Bereiche fehlen. Nach dem fünften und bisher stärksten Atomwaffentest am vergangenen Freitag berät der UN-Sicherheitsrat derzeit über weitere Strafmaßnahmen gegen das stalinistisch geführte Land.