Durch schwere Überflutungen sind in Nordkorea mehr als 130 Menschen ums Leben gekommen, knapp 400 werden noch vermisst. Über hunderttausend Menschen mussten ihre Häuser verlassen, meldete die UNO am Montag. Der Fluss Tumen, der teils die Grenze Nordkoreas zu Russland und China markiert, war nach heftigen Regenfällen im Gefolge des Taifuns Ende August über seine Ufer getreten.
16.000 Hektar Ackerland überflutet
Die Zahl der Toten nach der Unwetterkatastrophe im Nordosten des isolierten Staates sei auf 133 gestiegen, teilte die UN-Organisation für humanitäre Hilfe (OCHA) mit. Etwa 107.000 Menschen hätten ihre Wohnungen und Häuser entlang des Tumen verlassen müssen. Mindestens 140.000 Menschen seien dringend auf Unterstützung angewiesen. Der Wirbelsturm hatte Ende August auch in Japan gewütet und dort mindestens 19 Menschen in den Tod gerissen.
Am stärksten von den Fluten betroffen waren laut OCHA die nordkoreanischen Kreise Musan und Yonsa sowie die Stadt Hoeryong in der Provinz Nord-Hamgyong. Einige Gegenden seien von der Außenwelt abgeschnitten. Nach unterschiedlichen Angaben von Agenturen seien mehr als 44.000 Wohnhäuser und öffentliche Gebäude einschließlich Schulen zerstört oder beschädigt worden. Rund 16.000 Hektar Ackerland seien überflutet.
Massenmobilisierung neu ausgerichtet
Die nordkoreanischen Staatsmedien berichteten, dass außerdem Schienenwege, Straßen und andere Verkehrsnetze sowie Stromnetze, Ackerflächen und Fabriken überflutet oder beschädigt wurden. Nordkoreanische Medien berichteten, die Menschen in der Region seien wegen der Überschwemmungen "großen Härten" ausgesetzt. Deshalb sei die derzeit laufende Massenmobilisierung zum Ankurbeln der Wirtschaft neu ausgerichtet worden. Sie solle nun die Flutopfer unterstützen.
In ihren Berichten betonten die Medien die führende Rolle der regierenden Arbeiterpartei bei der Hilfe für die Flutopfer. Die Partei sehe es als ihre wichtigste Aufgabe an, "sich auf verantwortungsvolle Weise um das Leben der Menschen zu kümmern", schrieb die Parteizeitung "Rodong Sinmun" am Montag. Demnach sollen bis zum Winterbeginn im Oktober 20.000 Häuser in den Flutgebieten wieder aufgebaut werden. Erklärtes Ziel sei es, "aus der Region ein Märchenland in der Ära der Arbeiterpartei zu machen", wobei Volk und Armee als "große Einheit und harmonisches Ganzes" ihre Kräfte bündeln sollten, schrieb "Rodong Sinmun" weiter.
Fehlende Infrastruktur als Hürde
Laut OCHA haben Hilfsorganisationen aus Lagerbeständen im Land unter anderem Nahrungsmittel, Zelte, Kochgeräte sowie Wasserreiniger in die betroffenen Gebiete geliefert. Die Regierung sei dabei, die Straßen wieder zugänglich zu machen sowie außer Hilfsgütern auch Baumaterial zu verteilen.
In dem verarmten Land sind Naturkatastrophen oft besonders verheerend. Ein Grund dafür ist die fehlende Infrastruktur. Zudem sind viele der bergigen Regionen in Nordkorea abgeholzt, bei schweren Regenfällen strömt das Wasser dann ungehindert abwärts. 2012 waren nach schweren Gewittern 169 Menschen gestorben.
Eine Abfolge von Dürren und heftigen Regenstürmen mit Überschwemmungen war auch Mitursache der Hungerkatastrophe in den Jahren 1994 und 1998, der Hunderttausende zum Opfer gefallen waren. Verschärft wurde sie durch wirtschaftliches Missmanagement sowie den Verlust der sowjetischen Unterstützung.
Darüber hinaus verschlingt das nordkoreanische Atomwaffenprogramm einen Großteil der staatlichen Ressourcen, die dann für andere Bereiche fehlen. Nach dem fünften und bisher stärksten Atomwaffentest am vergangenen Freitag berät der UN-Sicherheitsrat derzeit über weitere Strafmaßnahmen gegen das stalinistisch geführte Land.