Laut der Zeitung "La Stapa" räumte einer der Bahnhofsvorsteher einen verhängnisvollen Fehler bei der Streckenfreigabe ein. "Ich war es, der den Zug losgeschickt hat, ich habe die grüne Scheibe gehoben, es gab Verwirrung, die Züge waren verspätet", zitiert "La Stampa" den Bahnhofsvorsteher von Andria, Vito Piccarreta. "Aber es war nicht allein mein Fehler, alle nageln mich ans Kreuz, aber auch ich bin ein Opfer", fügte er hinzu. "Ich wusste nicht, dass ein anderer Zug unterwegs war", wurde der Fahrdienstleiter von Andria von der Zeitung "La Repubblica" zitiert. Dasselbe habe er auch bei seiner Befragung durch Ermittler gesagt.

23 Tote, 52 Verletzte

Bei dem Zusammenstoß zweier Passagierzüge am Dienstag waren 23 Menschen ums Leben gekommen und 52 verletzt worden.  Die Tragödie hatte sich bei Bari auf einem eingleisigen Streckenabschnitt zwischen Corato und dem etwa zehn Kilometer entfernten Andria ereignet. Die Bahnhofsvorsteher der beiden Orte müssen sich stets telefonisch darüber verständigen, welcher Zug Vorfahrt hat.  Einer der beiden hatte diesmal einige Minuten Verspätung. Das Signalsystem auf der eingleisigen Strecke bei Bari sei eines der gefährlichsten, weil die Kontrolle bei Menschen liege, sagte Verkehrsminister Graziano Delrio am Mittwoch vor dem Parlament in Rom.

Wie "La Stampa" weiter berichtete, warteten offenbar drei Züge - einer mehr als üblich - auf die Fahrerlaubnis, was möglicherweise zur Verwirrung am Bahnhof in Andria beigetragen habe. Aber auch der Bahnhofsvorsteher von Corato ist im Visier der Justiz, weil er sich ebenfalls vergewissern muss, ob die Strecke frei ist, bevor ein Zug seinen Bahnhof verlässt.

Menschliches Versagen

Die Ermittler gehen von menschlichem Versagen als Hauptursache des Unfall aus. "Es ist richtig, in diesem Fall von einem menschlichen Fehler zu sprechen, aber dies ist nicht die einzige Ursache", meinte der Staatsanwalt von Trani, Francesco Giannella. Auch fehlende Investitionen im Sicherheitsbereich werden für das Unglück verantwortlich gemacht.

Verkehrsminister Graziano Delrio versicherte, dass sich die Regierung um den Infrastrukturbereich bemühen werde. "Nach diesem Unglück ist es noch dringender geworden, für Investitionen im regionalen Bahnbereich zu sorgen", sagte Delrio. Ein Ausbau der betroffenen Strecke war erst kürzlich wegen Finanzierungsproblemen verschoben worden.

Ein Gewerkschaftsverband des Bahnpersonals, ORSA, hat für morgen, Freitag, Nachmittag zu einem vierstündigen Streik aufgerufen. Die Personalvertreter wollen auf diese Weise mehr Sicherheit fordern. Inwieweit der Aufruf befolgt wird, ließ sich zunächst nicht abschätzen.

Auswertung der Schreiber

Genauere Informationen zur Unglücksursache dürfte die Auswertung der Unfalldatenschreiber der beiden Züge bringen, die mittlerweile geborgen wurden. Beide Lokführer sind bei dem Unglück ums Leben gekommen.