Im Gerichtsverfahren, in dem das Strafmaß gegen den ehemaligen südafrikanischen Sprintstar Oscar Pistorius wegen Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp festgelegt werden soll, ist am Mittwoch die letzte Zeugin befragt worden. Kim Martin, eine Cousine des Opfers, sagte vor dem Gericht in Pretoria, sie glaube, dass Pistorius in dem Prozess gelogen habe.

"Alles, was wir wollten, ist die Wahrheit", sagte Martin. "Aber wir haben sie nicht bekommen, Oscar hat seine Version so oft geändert." Martin fügte mit Blick auf den 29-jährigen Ex-Sportstar hinzu, sie habe "nicht das Gefühl, von ihm eine Entschuldigung bekommen zu haben".

Keine Liebe

Die Cousine von Reeva Steenkamp glaubt nicht, dass Steenkamp den früheren Spitzensportler geliebt hat. "Ich konnte keine Liebe sehen", sagte Kim Martin. Sie sprach im Gericht auch über den Verlust ihrer Cousine. "Am Valentinstag ist es am schlimmsten." Der unterhalb der Knie amputierte Pistorius hatte am Valentinstag 2013 seine damalige Freundin Steenkamp erschossen. Der heute 29-Jährige hatte ausgesagt, er habe hinter der Toilettentür in seinem Haus einen Einbrecher befürchtet.

Den Vater von Reeva Steenkamp, Barry Steenkamp, bezeichnete Martin als "gebrochenen Mann". Der 73-Jährige lebe nur noch von Tag zu Tag. Er hatte am Dienstag in einer emotionalen Aussage über den Verlust seiner Tochter gesprochen und war mehrfach in Tränen ausgebrochen. Außerdem hatte er gefordert, Pistorius solle für den Tod seiner Tochter "bezahlen".

Pistorius sichtlich bewegt

Pistorius selbst reagierte sichtlich bewegt auf Martins Vorwürfe. Nach der Aussage hielt Verteidiger Barry Roux sein Plädoyer, um für seinen Mandanten eine mildere Strafe zu erreichen. Staatsanwalt Gerrie Nel dringt hingegen auf eine strenge Auslegung des Strafrechts, also eine Haftstrafe von mindestens 15 Jahren. Die Entscheidung könnte am Freitag bekanntgegeben werden.

Pistorius wurde im Oktober 2014 in erster Instanz wegen fahrlässiger Tötung zu fünf Jahren Haft verurteilt. Im Dezember vergangenen Jahres kam ein Berufungsgericht aber zu dem Urteil, dass Pistorius mit "krimineller Absicht" gehandelt habe - und sprach ihn des Mordes schuldig. Um ein neues Strafmaß festzulegen, wurde das derzeitige Verfahren begonnen - ein verkürzter Prozess, in dem beide Seiten Zeugen präsentieren und ihre Argumente darlegen.