50 Tote, 53 Verletzte: Was sich im Homosexuellen-Klub "Pulse" in Orlando über Stunden abgespielt hat, ist eine Tragödie. Die Einzelheiten des Massakers werden erst allmählich deutlich. Ein so folgenschweres Verbrechen eines einzelnen Täters hat es in den USA noch nie gegeben.

Für Sicherheitsfirma gearbeitet

Der Schütze, ein US-Bürger mit afghanischen Wurzeln, hatte sich vor dem Massenmord telefonisch zum IS bekannt.Dies bestätigte ein Sprecher des britischen Unternehmens in der Nacht auf Montag. Der Mann seit seit 2007 für G4S tätig gewesen und habe im Dienst eine Waffe getragen.

Der Mann, der nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden Sympathien für die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) hatte, erschoss in der Nacht auf Sonntag (Ortszeit) 50 Menschen in dem Nachtlokal. 53 Personen seien verletzt worden. Der 29-jährige US-Bürger mit afghanischen Eltern führte seinen Angriff mit einem Sturmgewehr aus. Er erwarb seine Waffen kurz vor der Tat legal, obwohl die US-Bundespolizei FBI schon 2013 und 2014 wegen möglicher IS-Verbindungen gegen ihn ermittelt hatte.

Was weiß man bisher - und was nicht?

Was macht diese Gewalttat so besonders?

Orlando geht nicht nur als schlimmstes "mass shooting" in die Geschichte der USA ein. Das Massaker hat auch ungewöhnlich viele Dimensionen: Es geht möglicherweise um Islamismus, vielleicht auch um internationalen Terrorismus, in jedem Fall um Waffengesetze sowie um die Akzeptanz von Schwulen, Lesben und anderen sexuellen Minderheiten in den USA.

Was genau ist in dem Homosexuellen-Klub passiert, wie konnten so viele Menschen sterben?

Das ist noch nicht klar. Man muss sich das "Pulse" anders als den Konzertsaal "Bataclan", einen der Pariser Anschlagsorte, nicht als Halle mit einer Bühne vorstellen, sondern als recht verzweigtes Gebäude mit vielen Räumen. Der Täter nahm dort Geiseln. Ob die Polizei früher hätte stürmen können, muss noch geklärt werden. Auch viele Stunden nach der Tat lief noch die Bergung weiterer Opfer. Es muss ein entsetzliches Chaos gewesen sein.

War der Täter ein Islamist?

Das weiß man nicht. Der Todesschütze Omar Mateen soll sich bei der Polizei im Zusammenhang mit den Schüssen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt haben. Der IS reklamiert die Tat offenbar für sich. Vater und Ex-Frau beschreiben Mateen als nicht sehr religiös, aber psychisch labil und gewalttätig. Er stand auf keiner Terrorliste und war laut FBI nicht aktuell unter Beobachtung.

© AFP

Wie kam Mateen an die Waffen?

Es heißt, er habe sie wenige Tage vor der Tat völlig legal erworben. Das ist deswegen bemerkenswert, weil Mateen in den vergangenen Jahren bereits zweimal in Berührung mit dem FBI kam. Einmal sei es auch um einen islamistischen Hintergrund gegangen, aber nur ganz am Rande. Der Erwerb eines Sturmgewehrs, wie es der Täter benutzte, war früher verboten, ist es aber nicht mehr. Mateens Arbeitgeber, ein Sicherheitsdienstleister, sagt: Das Tragen einer Waffe gehörte bei seinem Angestellten zum Alltag.

Warum wurde ausgerechnet der Club "Pulse" das Ziel?

Auch das ist noch nicht klar. Mateen fuhr immerhin 170 Kilometer weit mit einem Mietwagen zu seinem Ziel. Was ihn ausgerechnet dorthin trieb: offen.


Wird diese entsetzliche Tat auch Thema im
US-Präsidentschaftswahlkampf?

Ja, das ist sie schon jetzt. Als noch überhaupt nicht klar war, was eigentlich genau passiert ist, setzte der Republikaner Donald Trump bereits die ersten Tweets ab, stellte einen islamistischen Zusammenhang her. Um diese Äußerungen entspann sich ein heftiger Streit auf Twitter. Unabhängig davon reagierten auch seine demokratischen Rivalen Hillary Clinton und Bernie Sanders sowie viel politische Prominenz. Später forderte Trump Obamas Rücktritt und Clintons Wahlkampfausstieg, weil beide sich geweigert hätten, die Wörter "radikaler Islam" zu benutzen.

US-Wahlkämpfer vereinnahmen Terrorakt von Orlando

Das Massaker von Orlando mit 50 Toten ist binnen Stunden zum Zankapfel im US-Wahlkampf geworden. Während die Ermittlungen zu den Motiven des Täters und einer möglichen Verbindung zur Terrormiliz IS noch laufen, holte Präsidentschaftskandidat Donald Trump zum Schlag gegen US-Präsident Barack Obama aus und forderte ihn zum Rücktritt auf. Trump kritisierte, dass Obama in seiner Stellungnahme nicht die Worte "radikaler Islamismus" benutzt habe.

Obama sprach von einem "Akt des Terrors und des Hasses" und der schlimmsten Bluttat eines Todesschützen in der US-Geschichte. Die Bundespolizei FBI erklärte, der Mann habe sich in einem Anruf bei der Polizei im unmittelbaren Zusammenhang mit der Bluttat zum Islamischen Staat (IS) bekannt. Die Waffen soll der 29-jährige mit afghanischen Wurzeln kurz vor seiner Tat legal erworben haben. Die weltgrößte Sicherheitsfirma G4S bestätigte, dass er seit Jahren bei ihr beschäftigt war. Angehörige beschrieben den Mann als psychisch labil. Sein Vater sagte, er glaube nicht an ein religiöses Motiv, sondern verwies auf die starken Antipathien von Mateen gegen Homosexuelle.

Gedenken

Als Zeichen der Trauer und Solidarität mit den Opfern des Massakers in einem Homosexuellen-Club in Orlando erstrahlt der Mast an der Spitze des World Trade Centers in New York in Regenbogenfarben.

Sohn schreibt Mutter SMS aus dem Todes-Club

Einer der Club-Besucher schrieb seiner Mutter nachts panische SMS. Diese hat sie nun veröffentlicht. Sie zeigen den Schrecken der Horror-Nacht von Florida. Der Guardian berichtet, dass der Clubbesucher um 02.06 Uhr schrieb: "Mama, ich liebe dich." Kurz darauf kommt eine weitere Nachricht: "Im Club, sie schießen." Um 2.07 schreibt er: "Gefangen in der Toilette." Und: "Ich werde sterben". Die letzte Nachricht, die die Frau von ihrem Sohn bekommen hat, ist die Antwort auf die Frage, ob der Mann mit ihm in der Toilette sei. Es ist nur ein Wort: "Ja." Noch ist unklar, ob der Clubbesucher das Massaker überlebt hat.

Die SMS eines Clubbesuchers an seine Mutter
Die SMS eines Clubbesuchers an seine Mutter © AP

Solidaritätsbekundungen in Wien, Berlin und Israel

Nach dem Massaker in einem Homosexuellenklub in der US-Stadt Orlando haben Wien, Israel und Berlin Solidarität mit den Opfern erklärt. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) verurteilten die Tat. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu sprach von einer "bösartigen Attacke", Staatspräsident Reuven Rivlin von einem "feigen und abscheulichen Angriff".

Das Gebäude der Tel Aviver Stadtverwaltung war am Sonntagabend abwechselnd in Regenbogenfarben und in den Farben der US-Flagge erleuchtet.

Merkel bezeichnete das Massaker als erschreckend und versicherte, dass Deutschland auch im Angesicht derartiger Grausamkeiten ein offenes Land bleiben werde. "Unser Herz ist schwer, dass der Hass und die Bösartigkeit eines einzelnen Menschen über 50 Leben gekostet hat", sagte Merkel am Montag am Rande der deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Peking. Aber auch solch mörderische Anschläge und die tiefe Trauer darüber würden Deutschland nicht davon abhalten, ein "offenes, tolerantes Leben" fortzusetzen.

Merkel sprach US-Präsident Barack Obama, den Opfern, den Angehörigen und den Helfern ihre Anteilnahme aus. Auch Chinas Ministerpräsident Li Keqiang sprach den Opfern und ihren Angehörigen seine Anteilnahme aus. China wende sich gegen jede Form von Gewalt und Terrorismus.

Außenminister Kurz verurteilte die "schreckliche Schießerei" in dem "LGBTQ Club" in Orlando, wie er im Online-Kurznachrichtendienst Twitter schrieb. Kurz drückte den Familien und Freunden der Opfer sein Bedauern aus.

Bei der bisher schlimmsten Bluttat eines einzelnen Todesschützen in der US-Geschichte wurden am Sonntag in einem Homosexuellenklub in Orlando (Florida) 50 Menschen getötet und 53 verletzt. Die Hintergründe des Massakers sind noch unklar. Der Täter hatte sich zwar zum "Islamischen Staat" (IS) bekannt. Doch noch ist unklar, ob die Terrororganisation wirklich über seine Pläne informiert war und aktiv mitwirkte.