Dem Bericht der Artenschutzorganisationen zufolge fielen 2014 und 2015 in Norwegen 1.396 Zwergwale den Harpunen zum Opfer, während Japan im gleichen Zeitraum 663 und Island 345 Wale tötete. Letztgenannte Staaten stehen dabei im Gegensatz zu Norwegen in der Kritik. Auf Island laste zumindest diplomatischer Druck und Japan ist für sein Walfangprogramm vor dem internationalen Gerichtshof zu Verantwortung gezogen worden, hieß es in "Frozen in Time: Wie das moderne Norwegen am Walfang festhält".

Für Nicolas Entrup, Konsulent von OceanCare, ist auch die Handlungsunfähigkeit der EU mit ein Grund, dass Norwegen von der Öffentlichkeit fast unbemerkt walten kann. "Sie liegt darin begründet, dass EU-Mitglied Dänemark Grönland in der Internationalen Walfangkommission (IWC) vertritt. Nachdem Grönland ebenfalls im Walfang tätig ist, will man diesen nicht zum Thema machen", sagte Entrup gegenüber der APA. Somit blockiert Dänemark jegliche Kritik am norwegischen Vorgehen seitens der EU. Und somit herrscht von dieser Seite her Schweigen, obwohl laut EU-Recht alle Walarten durch die Habitatrichtlinie von 1992 geschützt sind.

Die letzte Resolution, die seitens der IWC den kommerziellen Walfang Norwegens verurteilt, wurde im Jahr 2001 von Deutschland eingebracht. "Die Staatengemeinschaft hat seit zehn Jahren keine Demarche mehr gegen Norwegen in die Wege geleitet", stellte Sigrid Lüber, Präsidentin von OceanCare, fest. "Solange sich das nicht ändert, wird Norwegen sich hinter Island und Japan verstecken und weitermachen wie bisher", lautet ihre Prognose.

Norwegen hat trotz des 1986 erlassenen Verbots aller kommerziellen Walfänge durch die IWC seit 1993 die Jagd auf Zwergwale wieder zugelassen. Nachdem der Staat einen formellen Einspruch erhoben hat, ist er nicht an das Fangverbot gebunden - und somit rein rechtlich auch nicht belangbar.

Die kommerzielle Nachfrage nach Walfleisch als Nahrungsmittel für Menschen scheint indes gering zu sein: Ende März wiesen Pro Wildlife und OceanCare aufgrund von ihnen vorliegenden Dokumenten darauf hin, dass stattdessen 113 Tonnen Zwergwal-Fleisch - was rund 75 Tieren entspricht - 2014 auf norwegischen Pelztierfarmen an Zuchtnerze und -füchse verfüttert worden sei. Der nun vorliegende Bericht "Frozen in Time" beschreibt zudem die Bemühungen der norwegischen Walfangindustrie, ihr Walfleisch nach Japan zu verkaufen.

Ebenso finanziert die norwegische Regierung laut den NGOs Projekte, die den Absatz von Walprodukten im Land ankurbeln sollen. So unterstützt sie unter anderem die Entwicklung von Nahrungsergänzungsmitteln, alternativen Heilmitteln und Kosmetik aus Walöl.

"Diese Subventionierung des Walfangs ist der offenkundige Versuch, eine sterbende Industrie am Leben zu erhalten. Norweger essen kaum mehr Walfleisch," stellte Sandra Altherr, Biologin und Mitbegründerin von Pro Wildlife in diesem Kontext fest. Gemeinsam forderten die NGOs eine klare Botschaft der IWC an Norwegen, damit der kommerzielle Walfang ein Ende nimmt.

(S E R V I C E - Der Bericht findet sich unter )