Das von Stechmücken übertragene Zika-Virus grassiert derzeit in Südamerika. Es führt bei rund 20 Prozent der Infizierten zu grippeähnlichen Symptomen und ist normalerweise nicht tödlich. Schwangere können das Virus aber auf ihre ungeborenen Kinder übertragen, bei denen es zu Fehlbildungen führen kann. Bisher gibt es keinen Impfstoff gegen das Virus und kein Medikament zur Behandlung Erkrankter.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte bereits, das Virus könne sich praktisch in allen Ländern des amerikanischen Kontinents ausbreiten - mit Ausnahme von Chile und Kanada, wo es die Überträger-Mücken nicht gibt. Schon jetzt sei das Virus in 21 der 55 Länder des Kontinents präsent.
Brasilien ist am stärksten betroffen und steht zugleich wegen des Karnevals in Rio de Janeiro Anfang Februar und der Olympischen Sommerspiele im August besonders unter Druck. Seit Oktober wurden in dem Land 3.893 Neugeborene mit Mikrozephalie, das heißt mit einem zu kleinen Kopf, registriert - im gesamten Jahr 2014 waren es dagegen nur 147 Fälle. 49 der betroffenen Kinder sind inzwischen gestorben.
Bei den überlebenden betroffenen Kindern drohten Langzeitfolgen, warnte der Epidemiologe Roberto Medronho von der Staatlichen Universität von Rio (UFRJ). In den kommenden Jahren könnten sich bei ihnen verschiedene Schädigungen zeigen, "was wir jetzt sehen, ist nur die Spitze des Eisbergs". Er verglich die Lage mit dem Contergan-Skandal in den 1960er-Jahren, der zu "einer ganzen Generation von Babys ohne Arme oder Beine" geführt habe.
Das Risiko sei groß, dass die betroffenen Kinder später einmal "weder studieren noch arbeiten können", sagte der Experte weiter. Für die - meist armen - Eltern sei dies eine "Tragödie". "Die Epidemie wird vorübergehen, aber die Kleinköpfigen werden dann immer noch da sein und das Gesundheitssystem überfordern".
Viele Länder in der Region wie beispielsweise Kolumbien, das mehr als 11.600 Zika-Fälle und rund hundert Neugeborene mit Mikrozephalie meldet, haben bereits Konsequenzen ergriffen und Frauen dazu geraten, gewollte Schwangerschaften zu verschieben.
El Salvadors Gesundheitsministerium forderte kurzzeitig sogar einen zweijährigen Schwangerschaftsverzicht - bis Spott und Proteste es zum Zurückrudern zwangen. Inzwischen raten die Behörden Schülerinnen nur noch, lange Hosen statt Röcke zu tragen, um sich vor Mückenstichen zu schützen.
Experten und Abtreibungsbefürworter bezeichnen die Ratschläge für einen Schwangerschaftsaufschub als "naiv". Gerade in den betroffenen Ländern sei die Zahl ungewollter Schwangerschaften hoch, argumentieren sie. In den meisten Ländern seien zudem Abtreibungen bis auf wenige Ausnahmen verboten.
"Es reicht nicht, Ratschläge aus der Welt der Fabeln zu unterbreiten, die die Leute nur zum Lachen bringen", sagte der Chef der Lehrergewerkschaft von El Salvador, Francisco Zelada. "Man muss das Virus bei den Menschen zu Hause bekämpfen, an ihrer Arbeitsstelle und in den Schulen".