In internationalen Bildungsrankings (PISA) nahm Finnland in den vergangenen Jahren immer Spitzenpositionen ein. Viele europäische und außereuropäische Länder schickten Vertreter in das Land im Norden Europas, um von den Besten der Besten zu lernen.
Nun schauen Bildungsverantwortliche aus allen Ländern erneut nach Finnland, nicht ohne zu staunen. Denn trotz der herausragenden Ergebnisse bei Bildungsstandards plant das Land eine radikale Bildungsreform, die bisherige Strukturänderungen in den Schatten stellt. Unterrichtsfächer werden abgeschafft, stattdessen soll der themenbezogene Unterricht eingeführt werden. „Damit erlebt die Bildung in Finnland einen großen Wandel, der eben erst seinen Anfang nimmt“, verdeutlichte es Liisa Pohjolainen, die in Helsinki für Jugend- und Erwachsenenbildung zuständig ist, gegenüber dem Independent. Helsinki selbst nimmt in der Bildungsreform eine Vorreiterrolle ein.
Bessere Vorbereitung auf das Arbeitsleben
Mit der neuen Unterrichtsstruktur will man die Schüler besser auf das tägliche Arbeitsleben vorbereiten. Der Unterricht soll der modernen Gesellschaft und ihren Erfordernissen angepasst werden. Konkret sieht das (teils werden bereits Versuchsprojekte in Helsinki durchgeführt) so aus: In einer berufsbildenden Schule könnte etwa ein „Thema“ oder „Ereignis“ wie die Bedienung eines Gastes in einem Kaffeehaus geschult werden, wobei sowohl Elemente der Mathematik, verschiedener Sprachen als auch Kommunikationsfähigkeiten im Allgemeinen gemeinsam unterrichtet würden. Weiteres Beispiel: Das Thema „Europäische Union“ würde mit Hilfe von Elementen aus den bisherigen Unterrichtsfächern „Geschichte“, Geografie und „Sprachen“ übergreifend vermittelt werden.
Neu wäre auch die Art des Unterrichts: weg vom Frontalunterricht und hin zur Arbeit in Kleingruppen.
Umsetzung bis 2020 in ganz Finnland
Der Entwurf für die Reform wird laut Marjo Kyllönnen, Schulmanager von Helsinki, der Stadtregierung in Helsinki Ende des Monats vorgelegt. Langfristig soll die Reform - bis 2020 - in ganz Finnland umgesetzt werden.
Nicht alle Verantwortlichen im finnischen Bildungsbereich stehen hinter der Reform. Zu radikal erscheint sie für so manche Lehrer und Direktoren. Als Anreiz für die Umsetzung wird den Freiwilligen vorerst ein höheres Gehalt geboten.
Barbara Jauk